50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Vorwort

Hallo liebe Leser, auf den folgenden Seiten finden Sie eine Kopie des Buches 50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda von  bis , daß von meinen Vater Werner Trenkelbach erstellt wurde.

Viel Spaß beim lesen!

Hinweis: Ich halte korrekte Rechtschreibung auch für ein Gebot der Höflichkeit und des Respekts gegenüber dem Leser. Dennoch bitte ich Sie die Rechtschreibung zu entschuldigen, da es sich um eine originalgetreue Kopie des Buches handelt.

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Ach ja das Buch habe ich noch nicht fertig abgeschrieben, es sind nur einzelne Seiten. Aber in der nächsten Zeit werden weitere Seiten und Bilder folgen.

Das Buch

Umschlag 50 Jahre Kaliwerk Volkenroda 1906 -1956
Umschlag 50 Jahre Kaliwerk Volkenroda  — 

Buchumschlag

50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda


50 Jahre Kalibergwerk
Volkenroda
 — 


CHRONIK DES VEB KALI BERGWERK VOLKENRODA

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Kaliwerk Volkenroda Logo
Logo Kaliwerk Volkenroda

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda


Unsere ganze Hochachtung und Anerkennung
gilt der Arbeit des Bergmannes

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Auf den Weg!

Möge der Inhalt unserer Jubiläumsschrift Zeugnis ablegen von dem. was geeinter Wille aller Schaffenden vermag. Auch soll das vorliegende Heft die Tatkraft und Wagemut der Arbeiter und Ingeneure unseres Werkes in den vergangenen 5 Jahrzehnten besonders würdigen.
Die Werktätigen des VEB Kaliwerkes Volkenroda übernehmen anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Werkes die Verpflichtung, das erhaltene Erbe getreu zu wahren und mit zähem Willen als an ihrem Werk weiterzubauen.

Endliches Ziel dieser Arbeit wird sein:

Erhaltung des Friedens und Wiedervereinigung unseres geteilten deutschen Vaterlandes. Dazu allen Arbeitern, Technikern, Wirtschaftlern und Ingenieuren unseres Werkes auch für die Zukunft

ein herzliches Glückauf!

Echtermeyer
Werksdirektor

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Zeichnung, Starenland
Starenland

Die Besiedlung des Plateaus der Hainleite schon in der Jungsteinzeit ist durch Bodenfunde nachgewiesen. Erst vor wenigen Wochen wurde ein Höckergrab aus jener Zeit auf dem Werksgelände bei Bauarbeiten entdeckt. Auch spätere Perioden haben Bodenzeugen hinterlassen. Dazu gehört ein Fund römischer Münzen in der Ortslage von Holzthaleben. Die Münzen stammen aus der Zeit von 258 bis 270 nach der Zeitwende und sind wahrscheinlich im letzten Drittel des dritten Jahrhunderts dort der Heimaterde anvertraut worden.

Von den ersten Ansiedlern wissen wir, daß es Kelten waren. Ihnen wird die Anlage der heimatliche Wallburgen (zum Beispiel die Helbeburg im Burghagen im Helbetal) zugeschrieben. Den Kelten folgten die Germanen, deren zahlreiche

Aus der Geschichte der Umgebung des Betriebes

Stämme sich mit den aus dem Osten zugewanderten Slawen vereinten und den Stamm der Thüringer bildeten. Wenn wir nun die Entwicklung unseres Betriebes schildern, so gehört dazu eine geschichtliche Betrachtung des ehemaligen Cistercienser — Klosters Volkenroda und der Orte, wie Holzthaleben und Menteroda, in welchen die größte Zahl der Kumpels unseres Betriebes wohnen.

Die Historiker Möller und Gerbing bringen zum Ausdruck, daß der Name Volkenroda von der Rodung eines Mannes mit Namen Volcold (auch Volckenroth oder Vockenroth) stammen muss. Dieser Ort diente dann zur Errichtung einer Burg, die zwar niedergerissen wurde, aber kaiserliches Leben in den Händen des Landgrafen von Thüringen blieb.

Wir können also von einer ersten urkundlichen Erwähnung des Namen Volkenroda aus dem Jahre sprechen.

Aus dem Jahre sagt eine nicht im Original überlieferten Urkunde folgendes aus:

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

„Graf Lamprecht der erste von Tonna und seine Schwester Helinburgis, welche vom Landgrafen Ludwig dem Ersten (gestorben ) Grund und Boden von Volkenroda gegen Möhrstedt und Billeben eingetauscht hatte, gründeten hier ein Cistercienser — Kloster für Mönche, welches der Jungfrau Maria geweiht wurde“.

Für die Stammesbelegschaft des neu gegründeten Klosters rief man aus dem Kloster Altencampen in Westfalen, welches in dem Rufe ausgezeichneter Frömmlichkeit stand, Mönche herbei. Die Schutzvogtei über das Kloster behielt sich Landgraf Ludwig von Thüringen vor. Helinburgis schenkte dem Kloster 24 Hufen Land und den Mörslinger Wald, das Dorf Bödhem (Pöthen) mit 12 Hufen, den Zehnten in den Dörfern Irrichen (Klein — Eherich), Matheslewen (Merxleben) und die Parochialrechte (Parochie = unterster kirchlicher Verwaltungs- und Seelsorgebezirk) über die Kirchen Tenigebroch (Thamsbrück) und Blechenrot (Bleicherode).

Im Laufe der Jahrhunderte nahm dann der Besitz des Klosters durch Stiftungen erheblich zu. Im Jahre erwarb der Abt Alboldus (früher Gangolfus) von den Herren von Nordmannstein den Ort Österkörner und die Güter Bertaroda und Methenroda (Menteroda). Abold war auch ein Dichter und nahm am bekannten Sängerkrieg auf der Wartburg teil.

Der letzte Abt der Klosters war Georgius Ludolfus ( — ) Er starb in Mühlhausen. Von seinen Vasallen wurde er „der Schwarzkopf“ oder „der schwarze Jörg“ genannt. Während seiner Regierungszeit empörten sich die Bauern im großen deutschen Bauerkrieg (). In der großen Veröffentlichung des Historikers Fuchs ist ein Schadenverzeichnis vom aufgeführt. Danach befand der Sturm auf das Kloster

am statt. Die Bauern des Klosteramtes schlossen sich Heinrich Pfeiffer von Mühlhausen an. Am verpflichtete Herzog Georg die Untertanen des Abtes zum Ersatz des Schadens.

Mehr noch als von anderen geistlichen Stiftungen wissen die späteren Akten des Klosters Volkenroda vom Übermut der Äbte und immer gesteigerten Fronen, Abgaben und Unterdrückungen der Bauern zu erzählen. Als Folge davon haben sich die Bauern im Bezirk von Volkenroda einmütig wider die Klosterbrüder erhoben. Ganze Dörfer entvölkerten sich, weil alles, was Spieße und Barten tragen konnte, zu Thomas Müntzers Feldzeichen eilte. Aber nach der unglücklichen Schlacht bei Frankenhausen brach unsägliches Elend über die Bauern herein. Sie wurden land- und heimatlos, führten ein Räuberleben und gingen elend zugrunde. So hat Menteroda, haben die Orte Hohenbergen und Kleinkeula jahrelang fast völlig wüst gelegen. Bertaroda wurde keine neue Wohnstätte. Auf dem ehemaligen Wüstungsgelände von Bertaroda steht heute unser stolzes Kalibergwerk Volkenroda. Der Aberglaube unter der Bevölkerung des alten Klosterbezirkes Volkenroda führt dazu, daß noch bis zum Jahre Hexenprozesse beim Amt anhängig gemacht wurden. Der Heimatforscher Keil aus dem Ort Obermehler führte folgende Opfer der Hexenprozesse an: u. a. .... Martha Engel, Menteroda, am auf dem Richtplatz enthauptet.

Das Dorf Menteroda (auch Methenrode, Meynharterode) liegt 17 km nördlich von Mühlhausen entfernt. Die Höhenlage des Ortes beträgt 400 m, das Klima auf der offenen Hochebene der Hainleite ist rauh und der Boden wenig ertragreich. Von  bis  gehörte Menteroda zum Besitz

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des ehemaligen Cistercienser — Klosters Volkenroda, danach zum Amt bzw. Justizamt Volkenroda (Herzogtum Gotha), von an zum Justizamt Tonna des Landratsamtes Gotha, nach der Vereinigung Thüringens () zum Kreis Sondershausen und jetzt gehört der Ort zum Kreis Mühlhausen.

Im Jahre gelangte Menteroda durch den Kauft des Abtes Alboldus von den Herren von Nordmannstein (später Herren von Treffurt, Burg Nordmannstein) an das Kloster Volkenroda. Menteroda war in Bertaroda eingepfarrt, bis die dortige Kirche zu Beginn des 16. Jahrhunderts verfiel. Von dieser heute wüsten Dorfstätte, deren Lage etwa durch den Oberlauf des Triftgrabens an der Straße nach Holzthaleben unweit des Kaliwerkes bis zur Holzthalebener Birke zu kennzeichnen ist, sind urkundliche Erwähnungen aus den Jahren 967, , , und bekannt. Kehren wir nun zu unsere Geschichte von Menteroda zurück.

Im Jahre wird die Kaufbestätigung für das Kloster Volkenroda vom Jahre wiederholt (Abschrift im LA Gotha). Aus den Regesten der Mark Meißen ist zu ersehen, daß Meynharterode (Menteroda) im Jahre zur Kurie der Mönche von Volkenroda gehörte.  schlossen sich die Menterodaer jubelnd Heinrich Pfeiffer an, das Gut wurde geplündert. Viele brannten sogar ihre eigenen Häuser an, weil sie glaubten, nun bessere Wohnstätten zu erhalten.

Im April folgte dann der Sturm auf das Kloster Volkenroda. Die Bauern nahmen Rache für Ausbeutung und Unterdrückung durch die Klosterbrüder. Bei Anbruch der Morgenröte trieb man die Klosterbewohner in ihren Kapitelsaal und dort sprachen die Bauern das Urteil.

Zeichnung, Fuchsland
von den eigenen Bauern zerstört, ligt Menteroda bis wüßt, daß also mehr Füchse und Wölfe als Menschen daselbst gewohnet

Doch die Schlacht bei Frankenhausen ging durch die Uneinigkeit der Bauernführer verloren. Da aber die Bauern die Heimkehr fürchteten, kam es zur Verödung vieler Orte im Bezirk Volkenroda, wozu auch Menteroda zählte. Nur wenige Bewohner blieben ansässig.

Im Jahre war es mit der Klosterherrschaft zu Ende. Erst  gab Herzog August den Befehl, die Wüstungen Menteroda und Bertaroda, Hohenbergk (Hohenberga) und Lahmen- oder Rosenkeula (Kleinkeula) wieder aufzubauen.  mussten die Frondienste wieder aufgenommen werden. Die Lage der Bauern hatte sich also nach der Aufhebung des Klosters nicht verbessert. Auch die Zinsen blieben die gleichen und auch die Fronen mussten geleistet werden.

Die Landfürsten, Beamten und Domänen verlangten sich gleichermaßen. Bis zum Hof nach Gotha, Eisenach oder Marksuhl mussten die benötigten Lebensmittel, Obst Fische und Wildbret gebracht werden. Außerdem war jedem durchreisenden

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Gliede des Fürstenhauses oder dessen Bedienten Vorspann zu leisten. Zu den Jagenden im Thüringer Wald hatten sich die Hintersättler der Amtsdörfer auf Anforderung in Stärke von 200 Mann zur Hirschbrunft, Schweinehatz und Wolfsjagd acht Tage unentgeltlich bereitzustellen. Es gab Holz–, Heu–, Grummet–, Bau– und Fischfuhren; die Handarbeiter mussten Wiesen mähen, Getreide aufbinden, Holz schlagen Weiden hauen, Teiche abfischen, Ziegel brennen, Holz spalten und stapeln. Dafür gab es zu jeder Mahlzeit nur Dünnbier, ein Stück Brot und einen Käse.

Über den Verlauf des 30—jährigen Krieges in Menteroda konnte bisher nichts festgestellt werden, doch scheint in dieser Zeit die Salpeter — Siederei aufgekommen zu sein.

Was dieser Krieg der kleinen Gemeinde an Elend brachte, können wir aus einem Vergleich der gemusterten Einwohner zwischen den Jahren  und ziehen ( = 74 und  = 34). Die Verluste an Männern betrug demnach etwa 50%.

Die wachsende Zahl der Einwohner konnte der geringe Boden nicht mehr ernähren und eine industrielle Entwicklung nahm der Ort erst im 20. Jahrhundert. Trotzdem zeigten die Einwohnerzahlen vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts eine stetige Steigerung.

Der Versuch der Gemeinde, durch Heimarbeit für Brot zu sorgen, wie er gemacht wurde, schlug fehl. So kam es zu einer ziemlich hohen Auswanderungswelle in Menteroda.

Im Jahre wird über den Broterwerb der Einwohner von Menteroda folgendes berichtet: „Ihre Hauptnahrung erwarben die Einwohner durch den Handel mit Anis, Hirse, Fellen und

Zeichnung, Besenbinder
16.–17. Jahrhundert, die Menterodner handelten im Land, und wer daheim blieb Besen band

Schweine. Diejenigen, welche zu Hause blieben binden Besen und selbst die Kinder werden zum Besenbinden angelernt".

Trotzdem war in dem abgelegenen Dörfchen der Bildungshunger groß. Bereits wurde eine Gemeinde —Bibliothek gegründet und im Jahre eine zweite Lehrerstelle geschaffen.

Erst dem beginnenden 20. Jahrhundert war es vorbehalten, mit der Errichtung des Kaliwerkes eine neue Erwerbsquelle für das Dorf Menteroda zu bringen. Im Zuge dieser Industrialisierung erhielt auch das Dorf eine Wasserleitung und elektrisches Licht.

Die Bewohner von Menteroda besitzen nun ihren Schacht und er ist aus dem Leben der Gemeinde nicht mehr wegzudenken.
Unser Betrieb gehört als volkseigener Betrieb allen Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik, also nicht nur unser Kumpels, sondern auch unsere werktätigen Bauern und der schaffenden Intelligenz.

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Unsere gesamte Arbeit dient der ständigen Erhöhung des Lebensstandards der Werktätigen, dem Ziel die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes auf friedlichem Wege zu erreichen und die demokratischen Errungenschaften der Werktätigen

ständig zu vergrößern. So können auch die Bürger unsere benachbarten Ortschaften gewiss sein, daß die Angehörigen unseres volkseigenen Kaliwerkes sich eng mit ihnen verbunden fühlen.

 

Zeichnung, Kirche Menteroda
Zeichnung Kirche Menteroda

Die Vorgeschichte des Bergbaus im alten Amt Volkenroda

 

Das alte Amt Volkenroda gehörte bis zum Jahre zum damaligen Kloster Volkenroda. Es umschloß die Dörfer Bertaroda (heute Wüstung, Flurname „Auf Bettelroda“ erhalten), Hohenbergen, Kleinkeula, Körner, Obermehler und das Gut Volkenroda (Kloster) Mit dem Vorwerk Pöthen. Im 17. Jahrhundert kan das Amt an das frühere Herzogtum Sachsen-Coburg-Gohta.

Vom Jahre an wurden in dem heute zum Kreis Mühlhausen gehörenden Gebiet mit mehr oder wehniger Erfolg bergmännische Untersuchungs- und Aufschlußarbeiten durchgeführt. Im Landesarchiv Gotha sind zwei alte Akten über die bergbaulichen Arbeiten im alten Amt Volkenroda von 17. und 18. Jahrhundert vorhanden.

Die Archivalien haben folgende Titel:

  1. „Bericht wegen des Salzwerkes im Schaf Tal (Kammerarchivamt Volkenroda  Nr. 182)“ und
  2. „Acta, des Volkenröder Amts – Physici Dr. Pelargi beym dasigen Amte beschehenes, u. von diesem an Fürstliche Landen einberichtetes Anbringen wegen dasiger Orthen vorhandener Bergmännischer Anzeige auf Steinkohlen usw. u. die sofort eingezogene Erkundigung betr. (Kammerarchiv Amt Volkenroda, Nr. 188)“.

Am hatte Herzog Ernst der Fromme in Volkenroda das Salzvorkommen mit der Wünschelrute begehen lassen. Man vermutete

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einen Solestorm in Richtung Frankenhausen am Kyffhäuser. In der alten Volkenrodaischen Amtsbeschreibung vom Jahre 1665 heißt es: „Ein Salzborn aber gehet durch dieses Amt vom Mühlhausischen Gebiet und dero Dorf Saalfeld her nach dem Schaffthal, dem Vorwerg Böthen und Klein –Mehler, auch wie vermutet wird auf Frankenhausen zu, und ob zwar Ihre Fürstl. Durchl. ao. durch Berg Verständige einschlagen und ziemlich tief arbeiten lassen, hat doch das allzu starken wilden Wassers und mangelnden Abfalls wegen die Salzquellen nicht erlanget. werden mögen.“

In einem Bericht von Eusebius Jäger vom erfahren wir, daß man im Schaftal hatte Röhren legen lassen, um das Wasser über dem Solestrom abzuziehen. Bei Tag und Nacht wurden 16 Mann damit beschäftigt, das angetroffene Schichtwasser abzupumpen. Um den Souverän Profit zu gewährleisten, wurden die Arbeiter einfach zwangsweise aus den Dörfern geholt. Der überaus starke Wasserdruck konnte aber mit menschlicher Kraft nicht bewältigt werden. Eusebius Jäger verlangte einen Besuch des Bergmeisters, um bei Aussichtslosigkeit Kosten und Lohn zu sparen. Der Hof in Gotha gibt dem Bergmeister am den Befehl zu der Besichtung der Arbeiten in Volkenroda. Am gibt nun der Bergmeister Jacob Börner von Volkenroda aus seinen Befahrungsbericht. Er bestätigt die Auffassung von dem zu hohen Wasserdruck, der auch nicht mit einer Pferdekunst abgestoppt werden kann. Gemeint ist damit ein Göpelwerk, wie es seit dem Mittelalter im Bergwerk Anwendung gefunden ha. Börner glaubt, daß man einen Stollen von 850 Lachter (gleich 1700 m) Länge treiben muß, was aber mit zu hohen Kosten verbunden sei. Er ordnete daher die Einstellung der Aufschlussarbeiten an.

  Interessant ist, daß man später die Bohrung für den Kalischacht Pöthen ebenfalls im Schaftal ansetzte.

Am griff der Amtmann Johann Georg Koch die Angelegenheit erneut auf und berichtete dem Herzog ausführlich darüber. Koch vertritt in diesem Bericht die Ansicht, daß das Solenflöz im Jahre nicht erreicht worden sei. Das angebohrte Wasser müsse aus dem Hangenden gestammt haben. In einem Sumpf habe er kristallisiertes Salz von blauer Färbung festgestellt. Er schlug die Entfernung des „Alten Mannes“ und die Anbringung einer Bohrung von ungefähr 10 — 12 Lachter Länge vor. Dann müsse man die Sole erreicht haben. Zum Sieden der Sole könne man Steinkohle aus einem zwei Stunden von Volkenroda entfernten Vorkommen verwenden. Tatsächlich hatten ältere Geschichtsschreiber von einem geringmächtigen Steinkohleflöz in dieser Gegend berichtet. Für die Mutung schlägt Koch einen Dr. Lehmann vor, der schon wiederholt um eine solche für Salzwerke im Herzogtum nachgesucht hatte.

Nach dem Aktenband Nr. 188 des Kammerarchivs hören wir nun nichts mehr über neue Versuche zur Solegewinnung, sondern nur von Steinkohlevorkommen. Die Anregungen dazu gehen von dem Volkenrodaer Amtsphysicus Dr. Pelargus aus.

Im Jahre hatte eine Gewerkschaft aus Treffurt am Kübelberge bei dem Dorfe Körner einen Abbau auf Steinkohle begonnen. In geringer Teufe wurden damals Steinkohlen gewonnen, die von Schmieden für brauchbar gefunden wurden. Wegen Zwistigkeiten zwischen der bergbauenden Gewerkschaft und den Bergleuten werden die Arbeiten später eingestellt.

Auf Grund des Berichtes von Pelargus machte Amtmann Koch am eine ausführliche

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Eingabe an den Herzog und unterstützt die Angaben des Dr. Pelargus damit, daß dieser Sohn eines Bergschreibers sei und sich schon immer mit dem Bergwesen beschäftigt habe. Koch hielt allerdings die gefundene Steinkohle nicht für so wertvoll wie Pelargus.

Später erfahren wir, daß der aus dem Rheinland stammende Obersteiger seine Tätigkeit in Volkenroda wegen Erkrankung seines Sohnes auf längere Zeit unterbrechen musste. Außerdem waren die treffurter Gewerke uneins geworden und der Arbeitslohn für die Bergknappen blieb aus. Die erbitterten Kumpels warfen nun aus Protest die Grube zu und gingen auf und davon. Als der Obersteiger schließlich zurückkehrte, fand er die Grubenbaue verlassen vor.

Am befahl die Rentkammer Gotha dem Bergmeister Baum in Friedrichroda, sich bei der ersten Gelegenheit nach Volkenroda zu begeben, um die Aussichten für eine etwaige Wiederaufnahme des Steinkohlebergbaues zu prüfen und entsprechende Vorschläge zu machen.

Dann schweigen die Aufzeichnungen. Wahrscheinlich war die Steinkohle nur von geringem Heizwert, wie die von Ilfeld und Sülzhayn. Fast 100 Jahre vergingen nun, bis die Angelegenheit von neuem aufgegriffen wurde.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in den Gemeinden des alten Amtes bittere Not. Sie war beispielsweise in Menteroda so groß, daß die Gemeinde den Versuch unternahm, eine eigene Textil - Industrie zu gründen. Man kaufte Flachs und Werg ein, die am Ort versponnen und durch ansässige Weber zu Tuch oder Leinenwand verwebt werden sollten. Dazu gewährte die Regierung in Gotha der Gemeinde einen Kredit. Doch durch Einführung der mechanischen Webstühle sank der Garnpreis und die Gemeinde

machte Verluste. Viele Einwohner wanderten damals nach Amerika aus. Von bis betrug die Zahl der Auswanderer von Menteroda ein Zehntel der Bevölkerung. In den anderen Orten des Amtes war es ähnlich.

Zeichnung, ein Weber
17.   19. Jahrhundert, des Wanderns müd und überdrüssig, ward darauf man sich des Webens schlüssig

So war es in dieser Situation begreiflich, daß man die alten Pläne erneut aufgriff. Ein Kreis von Interessenten begann, sich auf Grund der alten Aufzeichnungen der ersten bergmännischen Untersuchungsarbeit zu erinnern. Es kam zur Gründung eines Volkenrodaer Bergbau–Vereins. (Landesarchiv Gotha, „Gesuch des Volkenrodaer Bergbau-Vereins um Verleihung einer Konzession zur Aufsuchung und Abbau von Torf, Steinkohlen, Braunkohlen, Gips und Steinsalz, “.) Am fand die konstruierende Generalversammlung dieses Vereins statt, an der 27 Mitglieder teilnahmen und durch die der Justizamtmann Zenge zum Vorsitzenden gewählt wurde. Die Gründer versprachen sich aus der großen Notlage der arbeitenden Bevölkerung erhebliche Profite für ihr Unternehmen. In den Statuten wurde

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festgelegt, die Aktien im Falle günstiger Funde ohne zusätzliche Einzahlungen auf das Zehnfache des Wertes zu erhöhen. Wegen der im Gothaschen bereits bestehenden Saline Buffleben begrenzte die Landesregierung in Gotha die Konzession auf den Abbau von Braunkohle und Steinkohle. Der erwartete Rückgang

der Salzsteuer — Pfründe für den Hof des Souveräns — war wohl der ausschlaggebende Grund für die Begrenzung. — Die ganze Planung muss dann wieder im Sander verlaufen sein, denn über die Ausführung von Schürfungen nach Kohle im besagten Gebiet ist nichts aktenkundig geworden.

 

Zeichnung, ein Bauer
19. — 20. Jahrhundert, just wird der Menteroda schlau und treibt recht fleißig Ackerbau

Die Entstehungdes Kalibergbaues und desKaliwerkes Volkenroda

 

Die deutschen Kalisalzlagerstätten wurden in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts entdeckt. Um Steinsalz, welches bisher als Siedesalz aus Salzsole erzeugt wurde, bergmännisch zu gewinnen, ließ die damalige Preußische Regierung im Jahre die ersten Schächte bei Straßfurt abgeteuft. Dabei traf man über den Steinsalzlagern auf bitter schmeckende Salze, die man zunächst als Abraumsalze auf die Halde nahm. Es waren damals wirtschaftliche Untersuchungen im Gange, aus denen die Bedeutung dieser Abraumsalze hervorginge. Man hatte in diesen Schichten

einen wertvollen Schatz des Erdinneren von größter landwirtschaftlicher und industrieller Bedeutung entdeckt.

Bald wurde eine Reihe von Schächten abgeteuft und Bergwerke angelegt, die in erster Linie der Gewinnung dieser so genannten Abraumsalze dienten. So entstand die deutsche Kaliindustrie. Zu den Kaliwerken im Straßfurter Raum traten im Laufe der Jahre bald viele neue Kaliwerke welche die wertvollen Kalisalzlagerstätten in Thüringen, am Südharz, an der Werra und im Gebiet um Hannover ausbeuteten. Außerdem

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wurde im Elsass und auch in Baden mit dem Abbau von Kalisalzen begonnen. Im Laufe weniger Jahrzehnte entwickelte sich dann die deutsche Kaliindustrie mit zur wichtigsten Grundstoffindustrie.

Nachdem man den Wert des Hartsalzes erkannt hatte, entstanden auch unsere Schächte im Raum von Menteroda. Damit blühte die bis dahin wirtschaftlich arme und vom Verkehr nicht erschlossene Gegend auf.

Das Kaliwerk Volkenroda - einschließlich der Schächte Pöthen I und Pöthen II - verdankt seiner Entstehung dem Wagemut und der Tatkraft einiger in der Kaliindustrie führend gewesener, weit blickender Männer wie Bergrat Dr.   Ing. e. h. Gustav Kost, Hannover, Generaldirektor Gustav Starke, Beienrode und Kommerzienrat Gustav Stähr, Hamburg.

Kost vermutete, daß sich das bei Bleicherode am Südharz bereits erschlossene Kalilager unter dem Hochplateau der Hainleite nach Südosten zu fortsetzen würde. Mit seinen beiden Mitarbeitern Starke und Stähr entschloss er sich, Hartsalze im Innern des Thüringer Zechbeckens, also in größter Teufe aufzusuchen. Auf seinen Vorschlag und auf Betreiben von Albert Linz (Bankhaus Linz) Gotha wurde die Bohrung bei Menteroda angesetzt. Nähre Einzelheit über die Bohrung und das Abteufen der Schächte wird in einem weiteren Abschnitt die Schrift behandelt.

Die bergmännischen Erfolge des Bergrats Dr.   Ing. e. h. Kost macht ihn in weiten Kreisen der Kaliindustrie bekannt, so daß ihn auch einige Werra-Kaliwerke um seine Mitarbeiter bei der Lösung der ihnen beim Abteufen ihrer Schächte und dem Abbau der Lagerstätten erwachsenen Aufgaben ersuchten. Im Verlauf dieser Arbeit wurde er weiterhin gebeten seine umfassenden bergmännischen Erfahrungen auch für die Werke im Gebiet von Hannover, Halle und des Südharzes zur Verfügung zu stellen.

Den Kaliwerken Volkenroda und Pöthen widmete er seine meiste Arbeitskraft und so entstand im nördlichen Teil Thüringen unsere heutige Produktionsstätte.

Die große Aufgab, in einer Teufe von rund 1000 m das Kalilager aufzuschließen, wurde unter der Führung bewährter Fachleute mit erfahrenen Bergleuten aus Staßfurt und Westfalen glänzend gelöst. In planmäßiger schwerer Arbeit wurde der Schacht Volkenroda bis zu einer Teufe von 1001 m heruntergebracht und das Kalisalzlager bei 977,5 m Teufe in vorzüglicher Beschaffenheit und Mächtigkeit angefahren.

Die Kaliwerke Volkenroda und Pöthen nehmen unter den deutschen Kaliwerken insofern eine Sonderstellung ein, daß die drei Schächte die außergewöhnliche Teufe von je rund 1000 m aufweisen. Außerdem wurde das Interesse weiter Fachkreise durch die erstmalig im Jahre 1930 von den Grubenbauen aus durchgeführte Gewinnung von Erdöl — eine einzig dastehender Fall — auf das Werk Volkenroda gelenkt.

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Zeichnung, ein Knappe
vorbei ist Weben, Besenbinden, seit heuer Knappen Kali finden.

Berichte über die
Bohrtätigkeit bei
Menteroda und Gründung
der Gewerkschaft
Volkenroda

 

Mit der Gründung der Gewerkschaft „Friedrichstein“ in Gotha beginnt die Geschichte unseres Werkes. Sie trug den Namen des Gothaer Schlosses.

Am gab der Kaufmann Albrecht Linz aus Gotha dem Bergamt Ohrdruf von der am auf der Gewerkenversammlung beschlossene Namens- und Statutenänderung in Gewerkschaft Volkenroda Kenntnis. Als Grund gibt er an: „Die Namenänderung wurde deshalb beschlossen, weil damit ein geplantes Kaliwerk verschmolzen werden soll, welches ich im Verein mit noch einigen Herren im Amte Volkenroda zu etablieren plane“.

Das Bergamt in Ohrdruf genehmigte am die Änderung und veröffentlichte sie auch. Auf Veranlassung des Bergassessors Kost wurde dann eine Bohrung bei Menteroda angesetzt. Aber noch ehe mit der Bohrung begonnen werden konnte, sicherte sich eine neue Beteiligungsgruppe mit Bergwerksdirektor Starke, Beienrode, ihren Einfluss in der Leitung der Gewerkschaft.

Am  erfolgte der Abschluss des Schürfvertrages zwischen dem Staatsministerium und Bergwerksdirektor Gustav Starke, Beienrode, Kaufmann Gustav Stähr, Hamburg und Kaufmann Albert Linz, Gotha. In diesem Vertrag wird bereits ein Förderzins von einem Pfennig für je 50 kg gefördertes Steinsalz bzw. Kali festgesetzt. Die jährliche Mindestabgabe wurde mit 10 000 Mark festgelegt. Das Staatsministerium behielt sich eine Beteiligung an 10% der Kuxe vor.

Bei Fündigwerden der Bohrung wurde die Verleihung zugesagt und eine Grubenfeldabgabe von 3 Mark pro Hektar festgelegt.

Mit der Bohrung in Menteroda wurde nach Beendigung der Montage der Bohrvorrichtung am begonnen. Der Ansatz lag auf dem Grundstück des damaligen Zimmermeister Wilhelm Schmidt unweit von Triftgraben und in der Nähe der Straße nach Holzthaleben. Die Bohrarbeiten wurden der deutschen Tiefbohr AG Nordhausen durchgeführt.

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Die Bohrbelegschaft bestand aus dem Bohrmeister Nohle und 13 Mann. Am Ansatzpunkt befanden sich zwei Gebäude. Im größeren Bau waren das Büro, eine Schmiede und die Geräte untergebracht. Im zweiten Haus wurden die Bohrkerne aufbewahrt.

Die Tiefbohrung durchstieß das Kalilager bei 976,3 m Teufe, das hier eine Mächtigkeit von 6 m mit einem durchschnittlichen Chlorkaliumgehalt von 25% hatte.

Nachdem die Bohrung eine Teufe von 1040 m erreicht hatte, spekulierte der Kaufmann Linz mit dem Gedanken, vielleicht Kupferschiefer abzubauen. Am schrieb er deshalb einen Brief an das Bergamt Ohrdruf mit folgendem Text:

„Hiermit erlauben wir uns die ergebene Mittelung, daß wir, nachdem unsere Kalibohrung bei Menteroda fündig geworden ist, diese Bohrung zur Aufsuchung und Mutung des unter dem Zechstein liegenden Kupferschiefers fortzusetzen beschlossen haben. Die Bohrung hat jetzt eine Teufe von 1040 m, ruht bis Mittwoch, den 6 cr., wird dann aber sofort nach Eintreffen einer bestellten, neuen Diamantkrone fortgesetzt.

Der Zechstein wird mit 10 — 20 m Mächtigkeit angegeben. Da wir jedoch schon einige Kerne von Zechstein gezogen, im Voraus die ganze Mächtigkeit nicht kennen und auch nicht wissen können, wie viele an einem Tage abgebohrt werden wird, halten wir es für im Interesse des Unternehmens liegend, daß vom nächsten Mittwoch Nachmittag ab zur Kontrolle der Bohrung der Hzgl. Kommissar Herr Bergmeister Henniger oder ein vom Hzgl. Bergamte zu stellender Vertreter in Menteroda weilt und das Ziehen des Kupferkerns abwartet und feststellt.

Wir erbieten uns, dem Herrn auf unsere Kosten und so gut es die örtlichen. Verhältnisse erlauben, Logis zu stellen und erklären weiter, für alle übrigen Kosten aufzukommen.“

Der Beauftragte des Bergarats, Katzmann, berichtete am seiner Dienststelle, daß er vom in Menteroda war. Er teilte mit, daß bei einer Gesamtteufe von 1070,90 m der Zechstein sehr klüftig war und die Bohrung eingestellt wurde. Kupferschiefer wurde nicht gefunden.

Am sprach das Bergamt Ohrdruf die Verleihung des Grubenfeldes aus. Die Urkunde hat folgenden Wortlaut:
„Auf Grund eines mit dem Hzgl. Gothaischen Staatsfiskus zu Gotha, vertreten durch das Hzgl. Staatsministerium, Departement für Finanzen, Forsten pp. zu Gotha abgeschlossenen Vertrages wird der Gewerkschaft Volkenroda zu Gotha, vertreten durch den Kaufmann Albert Linz zu Gotha und dem Bergwerksdirektor Starke zu Beienrode das Eigentum an dem in den Fluren Kleinkeula, Menteroda, Obermehler, Volkenroda, Körner und Hohenbergen gelegenen Grubenfeld Volkenroda mit einem Feide von 24 Millionen gm, dessen Begrenzung auf dem zu dieser Urkunde gehörigen am heutigen Tage amtlich beglaubigten Situationsrisse bezeichnet ist, zur Gewinnung des in diesem Felde vorkommenden Steinsalzes nebst dem mit diesem auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen, den sogenannten Abraumsalzen nach Vorschrift des Berggesetzes vom hierdurch verliehen.“

Am reichte die Gewerkschaft Volkenroda den ersten Betriebsplan mit den Unterschriften von Linz und Starke an das Bergamt zur Genehmigung ein. Der Plan umfaßte die ersten

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Foto, Der Bohrturm am Triftgraben vom Jahre 1905
Der Bohrturm am Triftgraben vom Jahre

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Bauten und Einrichtungen des Schachtes und die Einrichtung einer provisorischen Förderanlage.

Noch im gleichen Jahre wurde auf dem Zechenplatz ein Lokomobil-Dampfkessel aufgestellt und

mit dem Abteufen des Schachtes Menteroda am  460 m nördlich der Bohrung Menteroda begonnen. Als erster Obersteiger wurde der bisher in Beienrode tätig gewesene Albert Klaus aus Gerbstädt eingestellt.

 

Zeichnung, Kaliwerk Volkenroda
Kaliwerk Volkenroda

Die ersten 25 Jahre
von 

 

Am erfolgte der erste Spatenstich für die Schachtanlage. Das Kaliwerk Volkenroda entstand in einer Zeit, als der Kapitalismus bereits in sein monopolistisches Stadium eingetreten war. Den Vertretern des Kapitals standen demnach die Erfahrungen zur Verfügung, die sich bereits über eine ganze Periode der Herrschaft ihrer Klasse über die Ausgebeuteten bewährt hatte. Andererseits fanden sie in der Umgebung des Werkes eine Bevölkerung vor, die sich vorwiegend aus Klein- und Mittelbauern zusammensetze. Nur wenige Arbeiter waren vorhanden. Diese hatten noch nicht unmittelbar an den Kämpfen um Rechte der Arbeiter in Deutschland

teilgenommen. Trotzdem das Werk bei seiner Gründung nicht an einen Konzern angeschlossen war, ist aus den vorangegangenen Kapiteln deutlich sichtbar, wie sich jene Menschen eine führenden Einfluss im Werk sicherten, die bereits Vertreter des deutschen Kali- Syndikats waren. So ist letzten Endes trotz äußerlicher Privat-Initiative die Gründung des Kaliwerkes Volkenroda unter dem Einfluss und der Führung der Kreise vor sich gegangen, die die bestimmende Rolle im deutschen Kali-Syndikat spielten.

Wenn die Entstehung des Kaliwerkes für die umliegenden Ortschaften nach der Jahrhundertwende

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

auch einen industriellen Aufschwung mit sich brachte, so möchten wir heute aufzeigen, wie die wirklichen Herren des Betriebes jener Zeit alles daransetzen, einen möglichst hohen Profit zu erzielen. Dabei stützten wir uns auf die mündlichen Überlieferungen der Veteranen des Werkes und auf betriebliche Unterlagen aus dem Archiv.

Der Grund und Boden, auf dem das Werk errichtet wurde, gehört den Bauern aus Menteroda und Holzthaleben. Bei der Gründung des Werkes verpfändeten sie diesen an einen Schucht aus Holzthaleben. Dieser Mann wurde einer der Hauptaktionäre des Schachtes. Ein anderer Teil der Bauern versuchte, sich einen Anteil durch so genannte Kleinaktien zu sichern. Da aber die Niederbringung des Schachtes mit sehr großen Mitteln verbunden war, gingen nach einer gewissen Zeit die Hauptaktionäre dazu über, durch Manipulation die Aktien zu entwerten. Um jedoch ihren Wert zu erhalten und das in die Kleinaktien gesteckte Geld zu retten, zahlten die Bauern weitere Gelder auf ihre Aktien ein. Dieser Prozess hat sich im Verlaufe des Abteufens des Schachtes zwei– bis dreimal wiederholt. In der Zwischenzeit versuchten die Agenten der Hauptaktionäre, möglichst viele der Kleinaktien aufzukaufen, was ihnen auch größtenteils gelang. So kam es, daß mit der Aufnahme der Kaliproduktion die Kleinaktionäre verschwunden waren und sich das gesamte Kapital in den Händen der Hauptaktionäre befand. Die Bauern waren geprellt.

Der Schacht erhielt den Namen des damaligen regierenden Herzogs des Herzogtums Sachsen–Coburg– Gotha „Karl — Eduard“.

Über den Verlauf der Abteufarbeiten ist aus den alten Betriebsakten folgendes zu entnehmen:

Am Jahresende  erreichte der Schacht eine Teufe von rund 101 Meter. Im Jahre wurde er bis auf 423 Meter und im Jahre bis auf 808 Meter abgeteuft. Etwa Mitte Mai des Jahres  wurde bei 977,5 Meter dann das Kalilager angefahren. Am  wurde das weitere abteufen bei 1001 Meter eingestellt. Der Schacht, mit einem lichten Durchmesser von 5,5 Meter, musste infolge starker Wasserzuflüsse von 100 bis 500 Meter Teufe mit deutschen Tübbings ausgekleidet werden. In den übrigen nicht wasserführenden Deckgebirgsschichten wurde die Schachtröhre zweisteinig und stellenweise dreisteinig ausgemauert. Die aus dem unteren Muschelkalk und oberen Buntsandstein stammenden außerordentlich starken Wasserzuflüsse betrugen zwischen 100 und 200 Meter Teufe etwa 350 l/min und zwischen 400 und 435 Meter Teufe etwa 450 l/min. Erst bei 534 Meter Teufe ließen sie mit 40 l/min nach. Sie beeinträchtigten naturgemäß die Abteufarbeiten sehr, so daß diese zeitweilig wegen Einbaues der Tübbings zur Abschließung des Wassers eingestellt werden mussten. Die Bewältigung der zusetzenden Wässer erfolgte von der 100 m Sole mit einer Duplex– –Pumpe, während die tiefer zufließenden durch Kübel nach über Tage gefördert wurden.

Abgesehen von der Schwierigkeiten in der Wassererschrotung, die im allgemeinen auch beim Niederbringen der anderen Südharzschächte angetroffen wurden, schritt das Abteufen besonders im unteren Teil von 500 m Teufe an störungsfrei fort, so daß die tägliche Abteufleistung in den einzelnen Jahren von anfänglich 0,80 m (), 1,30 m (), 2,25 m () auf 2,50–-–3,00 m () unter gleichzeitiger Nachführung des Schachausbaus gesteigert werden konnte.

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Die Abteuffortschritte stellten für die damalige Zeit ein überdurchschnittliches Ergebnis dar, das noch wesentlich an Bedeutung gewinnt, wenn man die Schwierigkeiten beim Antransport der einzelnen Materialien berücksichtigt. Mussten doch zunächst bis zur Vollendung des Anschlussgleises von 2,4–km Länge zur Greußen — Kleinkeulaer Kleinbahn, das erst Mitte des Jahres  fertig gestellt worden war, sämtliche Materialien, wie die schweren gusseisernen Tübbings, Maschinenteile und Mauersteine für die Schachtröhre und das Tagesbetriebsgebäude von der 3–km entfernten Station Holzthaleben der genannten Bahnlinie über eine denkbar schlechte Kreisstraße mit Pferdefuhrwerken

herangeholt werden. Hiefür wurden allein 32–Pferde gehalten, die eine Firma aus dem Ruhrgebiet mit dem nötigen Personal zur Verfügung stellte. Diese gewaltige Transportleistung, die nicht der Vergessenheit angehören soll, kann nur der verstehen und würdigen, der die geographische Lage unseres Werkes Volkenroda auf den östlichen Ausläufern des gebirgigen Eichsfeldes in 400 m Höhe mit seinen strengen Wintern, seinen nie abflauenden stürmischen Winden und mit seiner fast gänzlichen Abgeschlossenheit gegen die Außenwelt, ferner von den größeren Verkehrsverbindungen zu den Städten und Industriezentren genau kennt.

 

Foto, 1909 Werk Volkenroda mit Abteufturm, Büro und Kantine
Werk Volkenroda mit Abteufturm, Büro und Kantine

 

Besondere Schwierigkeiten bot auch die Heranziehung von Arbeitskräften für die Abteufarbeiten. Schachthauer, die die nötigen Kenntnisse im Niederbringen eines Schachtes besaßen, konnten

aus der unmittelbaren Umgebung nicht ermittelt werden, da die Kaliindustrie des Südharzes, mit Ausnahme der Werke Bleicherode, Glückauf– Sonderhausen und Sollstedt erst im Entstehen

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Foto, Gesamtansicht Werk Volkenroda aus dem Jahre 1920
Gesamtansicht Werk Volkenroda aus dem Jahre

war und der größte Teil der jetzt vorhandenen rund 30–Schächte sich ebenfalls während der Jahre im Abteufen befanden. Deshalb setzte sich die anfangs 20-25 mann betragende Abteufbelegschaft vorwiegend aus Rheinländer und Kumpels aus dem Ruhrgebiet zusammen. Ein weiterer Teil der Belegschaft wurde auch von anderen Werken aus dem Kaligebiet um Hannover, mit denen man schon damals eine Interessengemeinschaft gebildet hatte, gestellt. Diese Kumpels bildeten den Kern der späteren Stammbelegschaft, die im Jahre bereits 220 Mann betrug und sich aus den Dörfern Menteroda, Holzthaleben, Urbach Obermehler, Keula, Windeberg und Großbrüchter zusammensetzte. Die

Anlage des Werkes erforderte nicht allein Bergleute, sonder auch für den Schachteinbau und den Aufbau der Tagesanlagen Maurer, Zimmerleute, Schlosser, Schmiede und sonstige Hilfsarbeiter, die aus den genannten Gemeinden leichter vermittelt werden konnten. Durch ihre Tätigkeit wuchsen diese Belegschaftsmitglieder in den späteren, eigentlichen Bergmannsberuf hinein.

Durch das Entstehen und Wachsen des Werkes kamen die Bewohner dieses verborgenen Winkels zu einem bescheidenen Wohlstand. Die frühere Armut der Gemeinde und ihre Einwohner, die sich kümmerlich von Besenbinden und Weben von Leinen ernährten oder auf umliegenden

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Foto, Ein Lohnbuch vom Monat Dezember
Ein Lohnbuch vom Monat Dezember 

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Güter zu den Erntearbeiten gingen, wurde gemildert.

Nachdem das Hartsalzlager mit dem Schacht durchteuft war wurde bei 981 m Teufe je ein Füllort nach Osten und Westen angesetzt. Die dabei gewonnenen Salze konnten am  erstmalig zu Tage gefördert werden und abgesetzt werden.

Anschließend an die Herstellung der beiden Füllörter wurden in südöstlicher und nordwestlicher Richtung, d. h. in der Fallrichtung des Lagers, die Hauptausrichtungsstrecken mit ihren Begleitstrecken zu Felde getrieben. Es wurden bis Ende des Jahres  nach Südosten 285 m und nach Nordwesten 162 m, also insgesamt 447 m, aufgefahren.

Das Kalilager zeigte sich bei normaler Lagerung von solcher Zusammensetzung, daß ohne jede Aufmischung ein guter Kainit und auch noch größere Partien 16%ige und 20%ige Düngesalze geliefert werden konnten. Im Jahre wurden 14 599 t Düngesalze gefördert und versandt.

Die Ausbeutung der Kumpels beim Auffahren der Hauptstrecke erscheint bei oberflächlicher Betrachtung gering. So gab es für einen Meter Vortrieb bei einer Breite von 6 m und einer Höhe von 2 Meter 48,00 Mark. Davon musste der Sprengstoff selbst bezahlt werden. Ein kg Salpeter kostete 0,63 Mark, das Paket Dynamit 3,60 Mark. Die Veteranen unseres Werkes berichten, daß sie in 6–stündiger Arbeitszeit 6,00 Mark Schichtlohn im Durchschnitt erreichten.

Wenn wir uns das Verhältnis zwischen ausgezahlten Lohn und erzieltem Reingewinn näher ansehen, so stellen wir fest, daß bei einer Belegschaft von 249 Mann zum Beispiel im ein „Brutto–Überschuss“ von 93 530,14 Mark erzielt wurde erzielt wurde.

Davon wurden verwendet für
Es bleibt ein Reingewinn von 50 509 ,70 Mark
Gehälter 6 151 ,13 Mark
Tantieme an den Grubenvorstand 1 000 ,00 Mark
Anleihezinsen 8 000 ,00 Mark
Steuern 300 ,00 Mark
Abgaben an die Regierung 4 417 ,27 Mark
Reichsabgabe 6 047 ,40 Mark
Syndikatsspesen 3 023 ,70 Mark
Preisausgleich 13 684 ,97 Mark


In diesem Vergleich findet die Ausbeutung ihren sichtbaren Ausdruck, denn dem Reingewinn von 50 509,70 Mark steht eine Lohnsumme von 18 330,95 Mark gegenüber.

Gleichzeitig mit der Entwicklung des Grubenbetriebes wurde auch der endgültige Schachtausbau mit der Herstellung der einzelnen Förderturms, des Fahrturms und der Anbringung des Wetterscheiders eingebracht. Im  konnte dann die Gestellföderung — zunächst im südlichen Schachtturm (heutige Nebenförderung) — anstelle der Kübelförderung treten. Der hölzerne Schachtturm bleibt vorläufig noch, ohne daß die Schachtförderung dadurch beeinträchtigt wurde. Um die Mitte des Jahres wurde das eiserne Fördergerüst errichtet. Ebenso reichten die beiden vorhandenen, von vornherein sehr leistungsfähig ausgewählten Abteufmaschinen für Aufrechterhaltung des vollen Betriebes vollständig aus, bis die elektrische Fördermaschine der jetzigen Nebenförderung im Herbst in Betrieb genommen wurde.

Nach dem Ausbau der Schachtförderung entwickelte sich der Grubenbetrieb in den nächsten Jahren ungestörte weiter. Die nach Nordwesten vorgetriebene Hauptstrecke mit ihrem Begleitort

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Foto, Schachtabteufer
Werk Volkenroda — Schachtabteufer

 

(D-Strecke) musste allerdings bald gestundet werden, da sie einmal nach Norden zu in eine Vertaubung geriet, zum anderen verlief die damalige Markscheide an der Holzthaleber Birke entlang und bildete die Grenze zwischen dem Herzogtum Sachsen– Coburg– Gotha und dem Fürstentum Schwarzburg — Sondershausen.

Dafür nahm aber die Lagermächtigkeit mit der Auffahrung der südöstlichen Hauptstrecke und dem von dieser Strecke nach Osten und Westen in streichender Richtung angesetzten Abbaustrecken allmählich zu und stieg stellenweise bis auf

12,5 m an (B2 Abteilung). Das Lager fiel auch weiterhin von Nordwesten nach Südosten bei einem Streichen von Südwesten nach Nordosten teilweise mit 12% ein. Beim weiteren Vortrieb der südwestlichen Hauptstrecke, die inzwischen mit der Seilbahn versehen worden war, konnte die Fallrichtung nach Südosten nicht mehr eingehalten werden, weil infolge der „handtuchartigen“ Feldeserstreckung wiederum bald in östlicher Richtung die Markscheide gegen das seinerzeit noch nicht hinzugekaufte Feld Glückauf– West erreicht worden wäre. Man entschloss sich deshalb,

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Foto, Förderkübel 1909
: Förderkübel

 

nach etwa 700 m (Kurve A 18), die Hauptstrecke mit ihren Begleit– bzw. Wettstrecke A und B unmittelbar in südlicher Richtung weiter aufzufahren. Mit dieser Richtungsänderung konnte auch bei der B 26–Strecke das Feld Pöthen I angefahren werden und aufgeschlossen werden. Gleichzeitig

wurde die von der Bergbehörde geforderte unterirdische Verbindung der Gruben Volkenroda und Pöthen vorbereitet werden.

Bis zum Jahre 1920, dem Jahre der Vereinigung der früheren Gothaschen Kleinstaaten, war der

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Amtsbezirk Volkenroda eine Gothasche Exklave. Dieser Umstand verbot es, nach dem Schacht Pöthen I eine gerade Durchschlagsstrecke zu treiben. Deshalb wurden 197 000 m² Grubenfeld gegen ein gleich großes Stück der Gewerkschaft Glückauf– West ausgetauscht. Ferner wurden zur Abrundung des Besitzes im Jahre von derselben Gewerkschaft

2200 000 m² käuflich erworben. Der hier beigefügte Entstehungsplan der Gerechtsame veranschaulicht das Gesagte. Die Gewinnung der Kalisalze erfolgte in den ersten 8—10 Jahren nach Aufnahme der Förderung ausschließlich aus den Vortriebstrecken, da man durch das im Jahre ergangene Reichskaligesetz gezwungen war, zunächst einen gewinnbaren Vorrat für mehrere Jahre im Voraus aufzuschließen und diesen Vorrat durch im Lager hochgebrachte Bohrung für die Dauer nachzuweisen. Erst nachdem dieser Nachweis erbracht worden war, setzte sich das Kali-Syndikat aufgrund der Analysen-Ergebnisse die Einschätzungsquoten bzw. Beteiligungsziffern fest. Die Beteiligungsziffer am Gesamtabsatz sämtlicher im Kali-Syndikat zusammengeschlossenen Kaliwerke Deutschland betrug im Jahre 127% in der III. Klasse und wurden nach langen Verhandlungen, die sich von bis hinzogen, aufgrund der weiteren guten Aufschlüsse im Süden und Westen des Feldes endgültig auf 130% in der IV. Klasse festgesetzt.

So wurde infolge dieser verstärkten Fortführung der Aus- und Vorrichtungsarbeiten die Gewinnung durch den Kammerbau auf dem Werk erst verhältnismäßig spät angewendet. Es wurden hierfür die ersten 10 Abbaue zwischen den Strecken C3 und B2 angelegt.

Die Abbaue wurden gleich vom Streckenhals an mit 8 m Breite und 2,5 m Höhe durchgehend

bis zur Kopfstrecke aufgefahren. Dann erfolgte das Drücken der flachen und hohen Firste. Erst mit der Einführung der Schrapperförderung (s. u.) wurde die heutige Arbeitsweise (Auffahren in Abbaubreite und Streckenhöhe mit gleichzeitigem Drücken der Firsten) angewendet. Der Sicherheitspfeiler zwischen den einzelnen Abbauen betrug 5 m, später 6 m, während der Pfeiler gegen die Förderstrecken im Allgemeinen 10—12 m betrug. Die Abförderung des Haufwerkes ging anfangs noch von Hand vor sich, bis im Jahre die ersten Schüttelrutschen (System Albrecht) zur Einführung gelangten, denen die vervollkommnten Rutschen von Siemens und Eickhoff folgten. Letztere bewährten sich wegen ihrer leichten Bauart und der damit verbundenen schnelleren Transportfähigkeit besonders gut als Abbaurutschen. Da der Schüttelrutschbetrieb jedoch nicht ganz die Handarbeit ersetzen konnte und zudem in mannigfacher Hinsicht störungsanfällig war, wurde im Jahre die Schrapperförderung eingerichtet. Diese Förderart wird heute noch im Grubenbetrieb in den Abbauen und Streckenvortrieben angewendet.

Mit fortschreitendem Firstenbau, der in der Hauptsache westlich der Hauptförderstrecke zwischen den Strecken C3, B2, B6, B10 umging und mit der Ausdehnung des Vortriebsstreckennetzes traten bald besondere Belastungen des Grubenbetriebes durch die starken Gebirgsdruckerscheinung ein. Diese wirkten sich bei der 1000 m tiefen Grube besonders auf die Strecken in der Nähe der Abbaue aus, die teilweise zu Bruch gingen. Zwar versuchte man diesem Zustand nach Möglichkeit dadurch zu begegnen, daß man die leergeförderten Abbaue sofort im Handversatz versetzte. Trotzdem blieb der Druck infolge der Unzulänglichkeit des Trockenversatzes noch so

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stark, daß neben den laufenden Berauberarbeiten zusätzliche Sicherungsmaßnahmen in Form von besonderen Ausbauarten. erforderlich wurden, wie man sie eigentlich nur aus dem Steinkohlebergbau kennt. So finden wir in der Hauptförderstrecke die Gewölbeausmauerung, die später durch Ausbau mit Eisenbahnschienen ersetzt wurde. In dem stark einfallenden Teil — B10 bis B 24 — wurde Betonausbau eingebracht. Die Nebenförderstrecken — zum Beispiel B 2, B 6, B 10, B 24 u. a. m. — setzte man in polnischen Türstockausbau. Außerdem wurde das Hangende mit Holzkästen unterstützt.

Ebenso veranlassten die hohen Temperaturen bis über 35 Grad, in dieser Tiefe, bedingt durch die geothermische Tiefenstufe im Verein mit besonders ausgeprägten Wärmeleitfähigkeit der Salzsteine austraten, das Werk, der Wetterführung die größte Aufmerksamkeit zu widmen. Um sie einigermaßen erträglich zu gestalten, wurde deshalb über Tage ein Grubenventilator mit 3000 bis 3500 m³/min Leistung aufgestellt. Diese für die damalige Zeit hohe Leistung des Lüfters konnte jedoch bei den mannigfachen Wetterkurzschlüssen, die im Laufe der Jahre durch die oben dargestellte Auswirkung des Gebirgsdruckes in den Strecken sowie durch undichte Stellen im Wetterscheider des ein- und ausziehenden

Schachtes auftraten, nicht in dem erhofften Maße in Erscheinung treten. Die Temperaturen konnten somit nicht wesentlich gesenkt werden. Dieser Zustand dauerte auch dann noch an, als man nach Herstellung der Verbindungsstrecke Volkenroda–Pöthen eine Wetterumstellung vornahm und den Schacht Volkenroda ausziehend einrichtete, wobei der Hauptlüfter nach unter Tage in die genannte Strecke verlegt wurde.

Somit sind die starken Druckerscheinungen und die hohen Temperaturen die Schwerpunkte der Grube geblieben, deren Bekämpfung und Abstellung die Volkenrodaer Bergleute auch heute noch eine außerordentliche Fürsorge und Beachtung schenken. —

Über die Entwicklung der Förderung und der Belegschaft in den ersten 25 Jahren soll die nachstehende Aufstellung Auskunft geben. Hierbei wurde die Förderung des Jahres mit 100% angenommen, weil in diesem Jahr die Anlagen in der Grube und über Tage einen Stand erreicht hatten, wie er in der damaligen Zeit einem modernen, förderfähigen Schacht entsprach. Aus der Übersicht lassen sich gleichzeitig die politischen Ereignisse erkennen. Besondere Einzelheiten sind dabei neben den Jahreszahlen als Bemerkung hervorgehoben.

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Entwicklung der Förderung
und Belegschaftsstärke in den Jahren

 

Jahr Förderung
%
Bemerkungen

Belegschafts-
stärke*)

*) Die Belegschaftsstärke in den einzelnen Jahren konnte nur unvollständig ermittelt werden.
1906 21—50
1907 220
1910 225
1911 100,0 249
1912 152,0 275
1913 170,7 271
1914 95,1 Ausbruch des 1.Weltkrieges 265
1915 83,8 135 + 130 Kriegsteilnehmer
1916 98,4 120 + 85 Kriegsteilnehmer
1917 119,0
Erhöhte Förderung durch Einsatz
von Kriegsgefangenen
200
1918 131,0 156 + 151 Kriegsteilnehmer
1919 98,6
|
Absinken der Förderung
durch Nachkriegswirren,
Kohlenmangel, Streik
378
1920 89,7 250
1921 32,2
1922 385
1923 137,0
Hauptinflationszeit und
Einführung der Rentenmark
1924 116,0
1925 193,4 450
1926 187,6
1927 281,3
1928 362,7
Scheinblüte durch Kalianleihe 470
1929 391,3
1930 234,9
Beginn der Weltwirtschaftskrise
und Erdölausbruch
400
1931 125,2

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Das Bild der ökonomischen Entwicklung der ersten 25 Jahre ist damit für unsere heutigen Vorstellungen nicht abgerundet. Uns kommt es auch darauf an, zu zeigen, wie die Kumpels unter Tage unter den schwersten Arbeitsbedingungen der Willkür der herrschenden Klasse ausgesetzt waren. Deshalb sehen wir zunächst einmal die Tabelle der Leistung je Kopf der Belegschaft in den einzelnen Jahren an. Sie gibt Aufschluss darüber, wie es die Kapitalisten immer wieder verstanden haben, mit den verschiedensten Antreibermethoden den Bergmann zur Hergabe seiner ganzen physischen Kraft zu zwingen. Müssen wir doch bedenken, daß die gesamte Förderung mit der Schaufel gebracht wurde. Die Leistung der einzelnen Kumpels bei einem Gedinge von 15 Wagen pro Schicht w urde nicht selten auf 28 bis 30 Wagen gesteigert. Für jeden Wagen wurde ihnen 30 Pfennig berechnet. Dazu kam 1 Pfennig für eine Drehplatte.

Nachstehend die Tabelle über die Leistung je Kopf der Grubenbelegschaft pro Schicht:
Jahr dz.
1911 46,10
1912 39,32
1913 46,30
1918 24,44
1924 34,76
1925 36,03
1926 43,59
1927 46,43
1928 46,12

Dabei sind die Leistungen der Grubenarbeiter noch wesentlich höher als es hier in der Tabelle erscheint, da diese die Grubenangestellten mit umfasst.

Anhand einiger Unterlagen aus dem Werksarchiv des Betriebes sind wir aber in der Lage, allem unserem Werkstätigen einen Überblick

über den Gesamtlohn der Belegschaft im Verhältnis zu den erzielten Profiten der Unternehmer zu geben. Dadurch wird sehr deutlich dargelegt, daß von Anfang an auch im Kaliwerk Volkenroda unter den Bedingungen des Monopolkapitalismus das ökonomische Grundgesetz des modernen Kapitalismus gewirkt hat.

Tabelle
Jahr Gesamtlohn der Beleg-
schaft Mark
erzielter Profit
Mark
1911 250 000  840 000
1912 230 000  980 000
1913 240 000 1 000 000
1918 430 000 1 350 000
1924 210 000  670 000
1926 215 000  750 000
1928 624 000 1 050 000
1930 1 980 000

Zu beachten ist hierbei, daß die Gehälter der in leitender Stelle des Betriebes oder des Syndikats bzw. der Konzernverwaltung tätigen Aktionäre unter Rubrik Gesamtlohn erscheinen, die von der Verwaltung des Burbach — Konzerns auf die einzelnen Betriebe umgelegt wurden und in Wirklichkeit erzielter Profit sind, so daß die Ausbeutungsrate an sich noch höher ist.

Um die Preispolitik der deutschen Kalikonzerne Wintershall und Burbach AG zu charakterisieren, bringen wir noch einen Auszug aus der Preisverordnung des Reichskalirates vom :

„Der Reichskalirat hat unter dem aufgrund des § 55 Abs. 1 der Vorschriften zur Durchführung des Gesetzes über die Regelung der Kaliwirtschaft die Kalihöchstpreise für das Inland mit Wirkung vom wie folgt festgesetzt:

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Foto,  die alte Kantine Werk Volkenroda
Werk Volkenroda: Die alte Kantine — nach zum heutigen Betriesambulatorium umgebaut

 

Für jedes Prozent K2O bei 9%igen Carnallit 6,98 Pfg/dz
" " " " " Rohsalz mit 12—15 % K2O  8,17 "
" " " " " Düngesalz 18/22% K2O 11,25 "
" " " " " " 28/32% " 14,50 "
" " " " " " 38/42% " 15,75 "
" " " " " " 50/60% " 27,00 "
" " " " " " über 60% " 29,00 "

 

Ferner wurde beschlossen: Für Rohsalze zu industriellen Zwecken ...... tritt ein Preisaufschlag von 30 v. H. ein. Für die Herstellung von doppelt gereinigten und chemisch reinem Chlorkalium mit über 60 v. H. K2O tritt ein Aufschlag von 20,00 Mark für den Doppelzentner K2O ..... ein.“ —

Gleichzeitig mit dem Abteufen des Schachtes wurde auch mit dem Bau der Tagesanlagen begonnen. Von den wichtigsten Tagesanlagen wurden fertig gestellt und dem Betrieb übergeben: /: Werkstätten, Magazinschuppen, Kantine (jetzt Ambulatorium) und Kesselhaus.

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Zeichnung, Verwaltungs- Hauptgebäude Werk Volkenroda 1910
Werk Volkenroda: Verwaltungs– Hauptgebäude (nach einer alten Federzeichnung)

 

zur Aufnahme von 8 Cornwallkesseln.

1908: Anschlussgleis an die Greußen — Keulaer Kleinbahn.
1909: Arbeitshaus und Büroräume.
1910: Mühlanlage, eisernes Fördergerüst, Rohsalzschuppen mit elektrisch angetriebener Be  und Entspeicherungsanlage, elektrische Kraftanlage und elektrische Fördermaschine (Nebenförderung).
1913: Umbau der vom Abteufbetrieb herrührenden Compoundmaschine in eine Zwillings– Dampf–Fördermaschine. Sie wurde erst durch eine elektrische Fördermaschine ersetzt (heutige Hauptförderung).
1914: Wasserwerk an der Lochmühle, nachdem die 3 Bohrbrunnen die Wasserversorgung nicht mehr bewältigten bzw. versiegt waren.


Sämtliche Anlagen wurden der Entwicklung des

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Foto, Bühnenkabelhaspel für den Schachtausbau
Werk Volkenroda: Bühnenkabelhaspel für den Schachtausbau und zum Auflegen von Förderseilen

 

Werkes entsprechend im Laufe weiter ausgebaut. Das Fehlen eines zweiten fahrbaren Ausgangs bildete von vornherein einen Mangel in der Planung des Werkes Volkenroda, denn ohne die Herstellung

eines solchen konnte die Belegschaft bei plötzlichen Katastrophen — Laugeneinbrüchen, Gasausbrüchen, Bränden usw. —, wie sie bereits mehrfach auf anderen Werken eingetreten waren, nicht gefahrlos in Sicherheit gebracht werde.

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Foto, Verbindungsstrecke Volkenroda – Pöthen
Durchschlag Verbindungsstrecke Volkenroda – Pöthen am

 

Darüber hinaus gestaltete sich auch die Wetterführung durch den Besitz eines zweiten Schachtes vorteilhafter und einfacher. Die Einrichtung eines zweiten fahrbaren Ausgangs war bereits schon mehrmals die Bergbehörde gefordert worden. Sie wurde für das Fortbestehen des Werkes umso dringender, als nach dem Erlass des Kaliwirtschaftsgesetzes fahrbaren Ausgang stillgelegt werden konnten, () Kaliwerke mit nur einem

wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Zeit die Schaffung eines zweiten Ausgangs ermöglichen. Diesen gesetzlichen Bestimmungen wurde die Herstellung der Verbindung unter Tage nach dem Schacht Pöthen I entsprochen. Die Strecke wurde am durchschlägig. Auf die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, die sich bei der Auffahrung dieser

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Strecke mit der Durchörterung des Entenschnabels (Menterodaer Störung) sowie bei dem Vortrieb vom Schacht Pöthen I aus durch auftretende Glasbläser im Dolomit zeigten und deren Überwindung ein hohes bergmännisches Können erforderte, kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Erwähnt mag noch werden, daß zu einer möglichst gradlinigen Führung der Strecke im Jahre ein Teil des der Winterhall — AG gehörenden Feldes (Urbacher Birke) von Glückauf—West hinzugekauft wurde.

Ob die eben aufgezeichneten Vorgänge, die zur Einrichtung des zweiten Ausganges führten, bereits bei der beabsichtigten Anlage des Werkes Pöthen den Hauptanlass zum Abteufen der Schächte Pöthen I/II gegeben haben, ist aktenmäßig nicht festgelegt. Es mag möglich sein, daß dieses Problem bei der Wahl der Schachtansatzpunkte eine gewisse Rolle gespielt hat, da man sonst die Anlage besser in die Nähe des Industriestädtchens Schlotheim gelegt hätte, das durch die Mühlhäuser- Ebeleber- Bahn immerhin eine verkehrsgünstige Lage hatte.

Andererseits können auch die Ergebnisse der Tiefbohrung Pöthen (in der Nähe des Gutes Pöthen) und „Schaftal“, etwa 2,3 km südlich des Werkes, die bei 947 m und 970 m Teufe fündig geworden waren, ausschlaggebend für den Ansatzpunkt der Schächte gewesen sein.

Die Anlagen des Werkes Pöthen entstanden im Jahre , etwa 11/2 Jahre nach der Niederbringung des Schachtes Volkenroda. Der Schacht Pöthen I ist vom bis auf 1033 m und Schacht Pöthen II vom bis auf 1026 m abgeteuft worden. Die Fördersole setzte man bei einer Tiefe von 1013 m an. Das Kalilager wurde im Schacht II zwischen 930 m und

935,8 m Tiefe durchsunken. Es hatte einen Gehalt von 14,0 K2O.

Im Schacht I wurde das Lager bis zur Endtiefe nicht angetroffen. Erst durch Schrägbohrungen konnte es etwa 60—70 m unter der 1013 m–Sohle festgestellt werden. Die beiden 200 m auseinander liegenden Schächte hatten demnach in ihrem unteren Teil eine Störungszone durchfahren, in der sich offenbar unter den Einwirkungen der Störungen des Schlotheimer Grabens das Lager in starker Faltung steil aufgerichtet hatte oder abgesunken war. Der obere Teil des Deckgebirges (Muschelkalk und Buntsandstein) zeigte dagegen eine völlig normale Ablagerung. Die Wasserzuflüsse waren im Vergleich zum Schacht Volkenroda beim Niederbringen der Schächte Pöthen I und II geringer. Die Höchstmenge betrug 80l/min. Sie wurden in den stark wasserführenden Horizonten durch Einbau von Tübbings abgeschlossen. Der Abteuffortschritt betrug anfangs 2½—3 m. Beim Eindringen in die Störungszone war er etwas geringer. Die Aus– und Vorrichtungsarbeiten erstreckten sich von der 1013 m–Sohle in südlicher Richtung nach den oben genannten Bohrlöchern und in nördlicher Richtung nach Volkenroda zu. Sie waren zunächst als reine Erkundungsarbeiten zu betrachten, da man das Lager von dieser Sohle aus noch nicht angefahren hatte. Es wurde schließlich in südlicher Richtung bei der jetzigen C1 - und D1 - Strecke angetroffen und von hier aus nach Westen zu durch besondere Strecken aufgeschlossen.

Über die Entwicklung des Werkes Pöthen mag hier nur so viel gesagt werden, daß sie stark vom 1.Weltkrieg und den Nachwirkungen beeinflusst worden ist. Aus diesem Grunde diente es hauptsächlich als Reservewerk, dessen Förderung bis nur aus dem Rohsalz der Aus– und

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Vorrichtungsarbeiten bestand. Diese wurde während der Herbst– Frühjahrskampagne abgesetzt oder später in der Fabrik des Werkes Volkenroda mit verarbeitet. Deshalb konnte die Förderung des Werkes Pöthen in den Jahren bis niemals den Stand von Volkenroda erreichen. Sie betrugen in den markantesten Jahren:

1914 = 4,4% der Förderung von Volkenroda
1917 = 25,3% " " " "
1919 = 15,3% " " " "
1923 = 36,8% " " " "
1924 = 10,8% " " " "
1928 = 2,4% " " " "
1929 = 0,8% " " " "

Die Tagesanlagen entwickelten sich in den Jahren in kleinerem Ausmaße entsprechen derjenigen von Volkenroda. Die Stromversorgung von Volkenroda aus. Ein Anschlussgleis zur Ebeleben- Keulaer- Bahn, das über das Werk Volkenroda führt, wurde gelegt.

Nun sollen die sozialen und gewerkschaftlichen Rechte der Arbeiter in den ersten 25 Jahren noch kurz behandelt werden:

Von den aus anderen Bergwerksgebieten Deutschlands herangezogenen Arbeitern wurde natürlich auch der Gewerkschaftsgedanke in Volkenroda entwickelt. So zeigten sich Bestrebungen, eine gewerkschaftliche Vertretung der Arbeiter im Betrieb zu wählen. Dem kamen aber die kapitalistischen Besitzer des Betriebes zuvor. So wird in den Akten des Hzgl. Bergamtes Ohrdruf der Nachweis erbracht, daß bis zur "eigentlichen Wahl" die Betriebsleitung 2 Hauer als Arbeiterausschuss einsetzten. Das waren die Kollegen Heinrich Kühne, geb. am 27.6.1871 in Königslutter und Friedrich Heyse, geb. am 20.11.1877 in Staßfurt.

Um aber wenigstens den Schein der „Demokratie“ zu wahren, musste man natürlich in der Folgezeit die Wahl durchführen. Aber auch hier wusste man sich zu helfen. Aus den alten Akten des Betriebes ist ersichtlich, daß die Zahl der wahlberechtigten Kumpels sehr gering war. Um wählen zu können, musste man mindestens drei Jahre dem Betrieb angehören und das 25. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem waren nur aktive Bergleute wählbar.

Diese Bedingungen raubten jeden neu hinzukommenden und revolutionär denkenden Arbeiter die aktive Gewerkschaftsarbeit für mehrere Jahre. Dementsprechend erschienen zur ersten Wahl nur 24 Stimmberechtigte. Wenn ein Vertreter des Arbeiterausschusses dem Herren des Kapitals ungebührend auftrat, d. h. bescheidene Wünsche der Arbeiter unterbreitete, dem war höchstens die „Möglichkeit“ einer Kündigung geboten. Diese „Möglichkeit“ wurde im Jahre 1907 dem Ausschussmitglied Döll gewährt. Ihm folgten im Jahre der Koll. Heyse, der Koll. Putz, der Koll. Blumrodt, kündigte der Koll. Rindermann schon vorher, wurde der Koll. Müller und der Koll. Kopp „abgekehrt“. Für solche Ausschussmitglieder, die nicht die Interessen der Kumpels vertraten und sich für die Kapitalisten einsetzten, schaffte man persönlich Vorteile. So wird z.B. im Jahr das Arbeiterausschussmitglied Karl Siegel aus Obermehler zum Aufseher ernannt.

Viele Arbeiter hatten in jener Zeit schon erkannt, daß ihr Arbeiterausschuss von den Herren des Kapitals nicht für voll genommen wurde. Deshalb konnte es auch geschehen, daß im Jahre der Kantinenwirt August Jakob in den Arbeiterausschuss gesetzt wurde, obwohl er kein aktiver Bergmann war. Zu bemerken wäre nun noch, daß die

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Foto, Gesamtansicht (Westseite) Werk Volkenroda
: Gesamtansicht (Westseite) Werk Volkenroda

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Angehörigen der Arbeiterausschüsse keinen gesetzlichen Kündigungsschutz genossen.

Ernster nahm es die kapitalistische Werkleitung mit der Wahl der durch die Gewerkschaft zu wählenden Sicherheitsmänner. Sie setzte alles daran, die Wahl ganz zu verhindern. Wenn dieses nicht möglich war, versuchte sie den Arbeiterausschuss zu veranlassen, die Zahl der Sicherheitsmänner zu reduzieren. Auch das Mittel der Irreführung war ihnen recht.

So war u. a. in der Gothaer Zeitung vom zu lesen: „Muss es nicht befremden, zu sehen, daß für die Wahlen der Sicherheitsmänner nicht vor allem die Sachkenntnis und Erfahrung des gewählten, sondern das Maß seines politischen Radikalismus entscheidend war, und daß die besten Absichten Gefahr laufen, der Wirkung nach in ihr Gegenteil verwandelt zu werden.“

In diesem Zusammenhang wiesen die Kapitalisten darauf hin, daß es zahlreiche Betriebe gäbe, die auf Befahrungen und Kontrollen der Sicherheitsmänner verzichtet hätten.

Zu erwähnen ist hier noch, daß das Werk vor dem Jahre überhaupt keinen Urlaub gewährte.

Über die ersten Bewegungen zur Organisierung eines Streiks im Werk Volkenroda lesen wir in der „Bergarbeiterzeitung vom folgendes:

„Volkenroda: Am wäre es hier zur Arbeitseinstellung gekommen, wenn der Vertrauensmann unseres Verbandes nicht zur Besonnenheit gemahnt hätte. Es kam dann zu Lohnverhandlungen mit dem Arbeiterausschuss, wobei für die Arbeiter jedoch nicht viel herauskam. Der Arbeiterausschuss ist seiner Aufgabe eben in keiner Weise gewachsen. Er hat sich derart festlegen lassen, daß er den Schlichtungsausschuss nicht einmal anrufen kann.

Weil unser Vertrauensmann aufklärend zu vermitteln versuchte, wurde er kurzerhand entlassen. Das überraschte uns nicht, weil wir den Werksbesitzer kennen. Niemand kann über seinen Schatten springen. Die Werksbesitzer besitzen eine Meisterschaft darin, das Pferd am Schwanze aufzuzäumen. Das zeigt auch dieser Fall. Statt den Arbeitern soweit als möglich entgegenzukommen, wird der unfähige Arbeiterausschuss festgelegt, daß er weitere Schritte nicht mehr unternehmen kann. Ein Meisterstück war das nicht, ebenso wenig die Entlassung des Vertrauensmannes. Natürlich sind die Arbeiter damit nicht befriedigt. Im Gegenteil. Diese Herausforderung muss die Gegensätze noch verschärfen. Ob das gewünscht wird wissen wir nicht, wissen wir nicht. Jedenfalls ist die Art und Weise, wie hier vorgegangen wurde, verantwortlich. Die Arbeiter forderten die gleichen Schichtlöhne wie auf Hüpstedt mit

8,50 Mark Schichtlohn, ausschließlich Reichszulage von 1,00 Mark, was Köhling ablehnte, es handelte sich um die Löhne der Hauer."

In dieser Notiz des Organs des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands kommt die ganze opportunistische Verworrenheit der Gewerkschaftsführung vor und während des 1. Weltkrieges zum Ausdruck. Indem man die Kumpels zur Besonnenheit mahnte, versuchte man den Herren des Kapitals entgegenzukommen und den Streikausbruch zu verhindern. Außerdem erhob man ein wüstes Geschimpfe, ohne eine wirkliche Arbeiteraktion zu organisieren.

Bezeichnend für die ganze Situation in dieser Zeit vom Herbst bis zum Kriegsende sind in gewerkschaftlicher Hinsicht die Versuche des gelben Verbandes, die Arbeiter von ihren Fordrungen abzuhalten. So versuchte man den Kumpels weiszumachen, daß ihre Lohnforderungen ungerecht seien.

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Foto, Grund-Riß von der Tagesanlage Volkenroda
) Grund-Riß von der Tagesanlage des Kalibergwerkes „Volkenroda“ bei Menteroda. Kopiert: Halle a/s im durch gez. Hirte conc. Markscheider

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Dagegen würde die Forderung einer Wärmezulage schon berechtigter sein. Doch durch die gute agitatorische Arbeit einiger klassenbewusst handelnder Genossen des linken Flügels der Sozialdemokratie gelang es letzten Endes, den Einfluss des gelben Gewerkschaftsverbandes zurückzudrängen und den Boden für den Bergarbeiterverband zu ebnen. So sind große Teile der Belegschaft nach dem 1. Weltkrieg in allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbund eingetreten. Trotzdem war die Belegschaft des Betriebes zersplittert, weil innerhalb des ADGB die einzelnen Fachverbände ungenügend zusammen gearbeitet haben. Im Betrieb waren unter anderem vertreten: Der Bergarbeiterverband, der Metallarbeiterverband, der Fabrikarbeiterverband, der Holzarbeiterverband und der nicht zum ADGB gehörige Bund technischer Bergbauangestellten.

Die Inflation der Zeit der revolutionären Nachkriegskrise, führte dazu, daß ein Arbeiter für einen Schichtlohn nur noch ein Stück Margarine kaufen konnte. So sind auch heute noch den Veteranen des Werkes die Worte des Finanzmagnaten Stinnes in Erinnerung, der einmal sagte: "Ihr sollt Milliarden verdienen, aber Kartoffelschalen fressen."

Aufgrund der Notlage wurde im Jahre erneut ein Streik der Arbeiter vorbereitet. Dieser sollte ihnen den 7—Stundentag in beiden Gruben bringen. Ehe es jedoch zum Streikausbruch kam, hatten die Zuträger bereits alles verraten und von Seiten der Direktion wurden nun Maßnahmen zur Verhinderung des Streikes ergriffen. Außerdem lehnte Dir. Köhling die Forderung auf Lohnerhöhung ab.

Im Herbst waren dann die Kumpels– wie in allen Südharzwerken — gezwungen, zur Selbsthilfe zu greifen, um der katastrophalen Ernährungslage

zu begegnen. Um ihre egoistischen Profitinteressen zu wahren, haben die Junker und Großbauern der Bevölkerung das Getreide und die Milch vorenthalten. Deshalb gingen die Arbeiter auch in den Kalibetrieben des Südharzes dazu über, in den Streik zu treten, Hundertschaften aufzustellen und durch Verbindung mit den Klein– und Mittelbauern Nahrungsmitteln für die hungernden Arbeiterfamilien heranzuschaffen. Die Hundertschaftsführer des Betriebes, die Kollegen Achilles, Vogt und Riemann wurden darauf sofort von der im Dienst der herrschenden Klasse stehenden Polizei verhaftet. Durch das einheitliche Handeln der Arbeiter des gesamten Betriebes konnte jedoch erreicht werden, daß diese nach wenigen Tagen auf freien Fuß gesetzt wurden. Hören wir, was der damalige Direktor Friedrich Köhling während des Kampfes der Arbeiter um Brot an das Landratsamt in Sondershausen telegraphiert: "Wir wiederholen unsere heute Fernmeldung, wonach die Belegschaft von Volkenroda und Pöthen in den Ausstand getreten ist. Die Belegschaft von Volkenroda hat durch den Betriebsrat mitteilen lassen, daß sie solange der Arbeit fernbleiben wird, bis die verhafteten Kameraden wieder freigelassen sind, während die Belegschaft von Pöthen erklärt, daß sie einen 24-Stunden-Proteststreik eintrete. Die Nachmittags —- Nebenschichten sind auf Volkenroda und Pöthen ebenfalls nicht verfahren worden".

Der Grubeninspektor Roeser von der Konzernleitung drohte dem Streikposten mit der Heranziehung der Reichswehr.

Wie ohnmächtig jedoch in Wirklichkeit die herrschende Klasse in jener Situation war, geht allein daraus hervor, daß sie den angestrengten Prozess

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Foto, Schachtanlage Pöthen
Schachtanlage Pöthen

 

wegen „Landfriedensbruch“ gegen das Streikkomitee sehr schnell wieder zurückgezogen hat. Den alten Kumpels des Werkes sind auch heute noch die so genanten „Krümperzeiten“ gut in Erinnerung. Während der revolutionären Nachkriegskrise und auch während der Zeit der Weltwirtschaftskrise reduzierte die Direktion die Belegschaft auf ein Mindestmaß. Trotzdem hatte man für die Arbeiter, die zu unbedingten Erhaltung des Betriebes notwendig waren, nur die halbe Woche Arbeit. Von Seiten der Direktion wurde deshalb veranlasst, daß jeder Arbeiter drei Tage in der Woche unmittelbar im Betrieb zu arbeiten habe, während es für die übrigen drei Tage Arbeitslosenunterstützung gab und sogenannte Notstandarbeiten verrichtet werden mussten.

Dem Betriebsrat von 1928 gehörten folgende Bergleute an:
Vogt, Johann Bergarbeiterverband
Eisenkrätzer, Selmar Bergarbeiterverband
Wenzel, Franz Bergarbeiterverband
Meyenberg, Karl Bergarbeiterverband
Andrä, Ernst Metallarbeiterverband
Wagner, Albert Metallarbeiterverband
Kranhold, Otto Fabrikarbeiterverband
Schmücking, Wilhelm Bund techn. Bergbauangestellter

Diesem Betriebsrat viel durch Zufall auch der letzte statistische Bericht des Burbach-Konzerns

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vor dem Machtantritt der Faschisten in die Hände. Daraus ist zu ersehen, daß den 5 Hauptdirektoren des Konzerns ein jährliches Gehalt von 337 000,00 Mark ohne „Gewinnanteil und Tantieme“ gezahlt wurde. Ein beredtes Zeugnis dafür, daß selbst unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise im Burbach–Konzern Maximal–Profite erzielt wurden. —

Zum Schluss dieses Kapitels soll noch der Kumpels

gedacht werden, die in den ersten 25 Jahren das Werk mit gebaut haben. Sie sind auf unserem Werk, ob im tiefen Grubengebäude oder in einem Tagesbetrieb 25 Jahre hindurch ihrer Arbeit nachgegangen und sind in Wind und Wetter täglich zum Schacht „gewallt“, wie es in einem alten Bergmannslied so schön heißt. So konnten im Jahre 1931 folgende Belegschaftsmitglieder ihr silbernes Jubiläum feiern:

Fritz Könnicke Grubenaufseher Menteroda
Hermann Trautvetter I Grube, Seilbahn Menteroda
Paul Langhammer Hauer Menteroda
Ferdinand Sterzing Mühlenarbeiter Menteroda
Theodor Hoffmann Fördermaschinist Menteroda
Hermann Carlstedt Kohlenablader Holzthaleben
Fritz Rindermann Anschläger Menteroda
Albert Siegel Schmied Menteroda
Wilhelm Schmücking Grubenaufseher Menteroda
Herman Wenzel Grubenaufseher Menteroda
Franz Zeidler Grubenaufseher Menteroda
Richard Genzel Hauer Holzthaleben
Karl Brumme Schmiedemeister Menteroda
Karl Dobeneck Zimmermann Menteroda
Karl Schmidt Fördermaschinist Menteroda
Karl Heyne Zimmermann Großbrüchter
Oskar Trautvetter Anschläger Menteroda
Heinrich Heine Hauer Menteroda
Theodor Riemann Hauer Windeberg
Emil Grabe Hauer Kaisershagen
Hermann Seidenstücker Magazinausgeber Holzthaleben
Hermann Schütze Registrator Holzthaleben
Heinrich Kühne Mühlenmeister Menteroda
Karl Holthaus Lohnbuchhalter Menteroda

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Foto, Jubilare 1906
Jubilare

 

Viele von diesen wackeren Bergleuten weilen bereits nicht mehr unter uns. — Ihnen widmen wir ein stilles Gedenken.

Den jetzt noch Lebenden sei an dieser Stelle ein
herzliches    G l ü c k a u f
gebracht.

Ein „Glückauf“ auch auf dem Wege zum goldenen Jubiläum unseren beiden ältesten Aktiven aus der Abteufzeit, dem Pumpenwärter Kurt R ö s n e r und dem Sprengstoffausgeber Willi R i e m a n n, die beide seit bzw. in ununterbrochener Tätigkeit im Betrieb an verantwortlicher Stelle ihrer Arbeit nachgehen.

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Kurze Beschreibung der geologischen Verhältnisse
der Schachtanlagen Volkenroda und Pöthen

 

Das am südlichsten gelegene Werk des Südharz-Kalireviers ist das Kaliwerk Volkenroda. Es gewinnt mit den Schachtanlagen Volkenroda und Pöthen die Kalisalze des Thüringer Beckens, welches sich im herzynischen Streichen (NW-SO) vom Südhang des Harzes bis zum Nordhang des Thüringer Waldes erstreckt. Die Kalisalze gehören der Permformation an und haben sich im Zechsteinmeer vor etwa 220 Millionen Jahren abgelagert. Die liegenden Schichten des Lagers, die am Südharz (z.B. bei Niedersachswerfen, Ellrich, Bad-Sachsa) zu Tage treten, fallen flach in südöstlicher Richtung zum Thüringer Becken hin ein und sind im Grubenfeld Sollstedt bereits in etwa 650 Meter Tiefe und im Grubenfeld Volkenroda durch Bohrungen in einer Teufe von etwa 1000 Meter angetroffen worden. Verschiedene Sattel– und Muldenzonen stören die an sich ruhige Lagerung und bedingen im Bereich der Grubenbaue von Volkenroda und Pöthen ein Abweichen vom generellen SO–NW–Streichen.

Der Schacht Volkenroda erreicht bei einer Endteufe von 1001 Meter in 977,5 Meter Tiefe das Kalilager und steht am Südflügel eines Sattels, dessen Mittelschenkel mit 4-5 Grad einfallen nach SO bei der B 24–Strecke das Muldentiefste erreicht. Von hier streichen die Schichten mit durchschnittlich 3 Grad nach Süden bis zu der Achse des zweiten Sattels (in der Nähe der B 38–Strecke) an und neigen sich dann unter Bildung mehrerer Spezialsättel (1, 2 und 3) zu den Pöthener Schächten hin. Der den Grubenbauen von Volkenroda

am nächsten gelegene Sattel, der so genannte Entenschnabel (1), ist mit dem Hauptanhydrit und älteren Steinsalzen scharf gefaltet und steil nach Norden hin überkippt. Er entspricht gleichzeitig der nördlichsten Begrenzung der von WNW–OSO– streichenden Störungszone des Schlotheimer Grabens. Die südliche Begrenzung kann unter Tage infolge mangelnder Aufschlussstrecken nicht genau bestimmt werden, dürfte jedoch in Höhe der Aufschlussstrecke nach Osten in Pöthen zu vermuten sein. Im Bereich der Schächte Pöthen I und II wurde das Gebirge wohl am stärksten beansprucht.

Die zwei dicht beieinander liegenden stark aufgerichteten Falten (4 und 5) mit teilweiser Schichtunterbrechung deuten auf nicht unerhebliche horizontale Kräfte hin, die gleichzeitig eine Überschiebung der südlich vom Schacht II anstehenden Schichten bewirkten. Hierbei wurde der Hauptdolomit so weit hoch gepresst, daß er mit der 1013 Meter-Sohle (Hauptförderstrecke) auf eine Länge von etwa 220 Meter durchfahren werden musste. Jedoch kann diese Störung nur als eine auf das Salzgebirge beschränkte Dislokation angesehen werden, da die darüber liegenden Schichten wieder gleichmäßig abgelagert sind. Das in der südlichsten Falte durch Strecken und Hochbrüche abgeschlossene Kalilager, bekannt als der „steile Flügel“ (5), geht schon nach 450 Metern von diesem in das normale O–W–Streichen des Lagers über und fällt mit durchschnittlich 5–6 Grad nach Süden ein.

Wie bereits erwähnt, erreicht der Schacht Volkenroda eine Tiefe von 1001 Meter, wobei folgende Schichten mit den angegebenen Mächtigkeiten durchteuft wurden:

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1001,0 m
Muschelkalk 220,0 m
Buntsandstein 607,5 m
Grenzanhydrit 1,0 m
Weißes Steinsalz der Aller-
serie (jüngeres Steinsalz)
19,0 m |
|

Aller-Serie
Pegmantitanhydrit 3,0 m |
Roter Salzton 3,0 m
Steinsalz der Leine-Serie
(jüngeres Steinsalz)

75,0 m

Hauptanhydrit 35,0 m | Leine-Serie
Grauer Salzton 11,0 m
Decksteinsalz 2.0 m
Kalilager Staßfurt-Serie 8.0 m | Staßfurt-Serie
Steinsalz Staßfurt-Serie
(älteres Steinsalz)
16,5 m

Die aufgrund von Tiefbohrungen ermittelten Mächtigkeiten der darunter anstehenden Schichten haben im Mittel eine Stärke beim

Steinsalz
(älteres Steinsalz)
von 15-35 m
Basalanhydrit " 8-20 m | Staßfurt-Serie
Hauptdolomit " 20-60 m

Hierauf folgen die Schichten der Werra-Serie:

  • Oberer Anhydrit der Werra-Serie (Zechstein-Anhydrit)
  • Steinsalz der Werra-Serie (ältestes Steinsalz)
  • Unterer Anhydrit der Werra-Serie (Zechstein-Anhydrit)
  • Zechsteinkalk
  • Kupferschiefer
  • Zechsteinkonglomerat
  • Rotliegendes.

Während Steinsalz und Anhydrit für sich allein Gesteins bildend auftreten können, sind die Kalisalze Gesteine aus Salzgemengen. In der bergmännischen Praxis werden gewöhnlich unterschieden:

  1. Sylvinit (Zusammensetzung: Steinsalz + Sylvin)
  2. Hartsalz (Zusammensetzung: Steinsalz + Sylvin + Kieserit oder Anhydrit)
  3. Kainit (Hartsalz mit einem K2O-Gehalt von 12 - 15 %)
  4. Carnallit

Das unter Punkt 2 aufgeführte anhydritisch ausgebildete Hartsalz ist Hauptgegenstand des Abbaues in der Grube Volkenroda und Pöthen. Es erreicht in einer Tiefe von rund 600 Meter unter Normal - Null eine Mächtigkeit von durchschnittlich 3—8 Meter und ist in folge Wechsellagerung von gelblich–grauem Steinsalz und fleischig–ziegelroten, anhydritischen Sylvin–Halit–Bänken überall in gut ausgeprägter Schichtung vorhanden. Der mittlere K2O– Gehalt beträgt 14%. Mehrere schwache, 1—2 Zentimeter starke Tonlöser durchsetzten horizontal das Lager und der so genannte Haupt- oder Fettlöser trennt es von dem 1—2 Meter mächtigen Deckensteinsalz. Auffällig ist, daß meist in den hängenden Schichten der Gehalt an reinem Sylvin – Kristalle. Die Hartsalze unter 9% K2O–Gehalt werden bergmännisch als nicht abbauwürdig bezeichnet und zum Steinsalz gerechnet.

Ein unerfreulicher Faktor der Gewinnung in der Schachtanlage Volkenroda sind die etwa 25% des gesamten Grubenraumes einnehmenden Vertaubungszonen. Hierzu kommen noch Lagerteile, in denen die geringe Lagermächtigkeit einen planmäßigen Abbau nicht gestattet. Diese bis zu 200 Meter breiten Zonen durchziehen das Grubenfeld

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in annähernd NW–SO bzw. west-östlicher Richtung und folgen nicht der flachen Wellung des Lagerhorizontes. Sie halten sich also nicht an die schon erwähnten Mulden und Sättel.

In den meisten Fällen vertaubt das Lager vom Liegenden her, das als rötliches kompaktes Steinsalz ausgebildet ist. Carnallit flankiert die Grubenbaue im Nordosten (A 2) und Osten (A 30), kommt aber auch in einigen größeren Linsen im Hartsalzbereich südlich des Füllortes Volkenroda vor. In bankiger Ablagerung von 5—20 Meter Mächtigkeit

lässt er sich mit unter durch seine weiße bzw. blass-hellrote Farbe schwer von Steinsalz unterscheiden. Übergänge von Carnallit in Vertaubungszonen sind nicht bekannt.

Im Grubenfeld Pöthen trifft man fast die gleichen Verhältnisse wie in dem von Volkenroda an, jedoch beträgt der Anteil der vertaubten Fläche zur aufgeschlossenen Gesamtlagerfläche nur 10%. Die Vertaubungen sind aber hier durch besondere Unregelmäßigkeit gekennzeichnet. Carnallit wurde bisher noch nicht angefahren.

 

Foto, Teilansicht Haldenseilbahn – Winkelstation
Werk Volkenroda: Teilansicht Haldenseilbahn – Winkelstation.

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Die Verarbeitung unserer Kalirohsalze

 

Wie bereits bei der Kernbohrung im Jahre wurde auch im Schacht Volkenroda daßelbe sylvinitische Lager von folgender Beschaffenheit angetroffen:

25,0% Kaliumchlorid
65,0% Natriumchlorid
0,2% Magnesiumchlorid
0,3% Magnesiumsulfat
9,0% Schwefelsauer Kalk
0,5% Ton u. dgl.

Durch die guten Vorbereitungen war es möglich, daß bereits im Monat die ersten Wagen mit Rohsalz zum Versand kamen. Nach einigen Laboratorium – Lösungsversuchen werden zunächst kleine Kaliküchen im freien errichtet. Ein Förderkübel mit einer Dampfschlange diente als Lösekessel. Das gewonnene Produkt wurde auf einer Eisenplatte bei offenem Feuer getrocknet. Um weitere Erfahrungen zu sammeln, wurde noch eine größer maschinelle Versuchsanlage gebaut. Da in der Grube in der östlichen Hauptstrecke s owie in den A–Abteilungen ein größeres Carnallit in den Lösungsprozess zu nehmen. Hierzu war jedoch die Genehmigung zur Abführung der anfallenden Endlauge erforderlich. Nach langwierigen Verhandlungen mit den Landesregierung gelang es dem Werk, einen Laugenabstoß in die Notter bei dem Orte Grabe zu erhalten.

Auf dem Schwesterwerk Pöthen wurden zu jener Zeit zwei Schächte abgeteuft. Die Errichtung einer Chlorkaliumfabrik war geplant. Leider gerieten die Schächte Pöthen I und II in eine Verwerfungszone und alle gefassten Pläne wurden vorerst hinfällig. Im ersten Weltkrieg wurde die gesamte

Förderung als Rohsalz verladen. Mit der Zeit wurde jedoch der Absatz der Rohsalze immer schwieriger.

Erst ließen es die damaligen Verhältnisse zu, mit dem Bau einer Chlorkaliumfabrik zu beginnen. Auf den Ceranallitwerken war das Bottich - Lösungsverfahren üblich. Bei uns entschied man sich für das kontinuierliche Schneckentrogverfahren mit Gegenstrom. Bei diesem Verfahren wurde das gemahlene Rohsalz in das eine Ende des Löseapparates eingebracht, während die vorgewärmte Löselauge am anderen Ende eintrat, dem Rohsalz entgegenströmte und das in ihm enthaltene Chlorkalium weites gehend heraus gelöste Chlorkalium wurde dann in nach geschalteten Kühlprozessen ausgeschieden und über die Deckstation der Trocknung zugeführt. Der Rückstand gelangte mittels Elevator zum Rückstandsfilter und wurde dort von der anhaftenden Lauge getrennt. Dann kam er entweder mit der Seilbahn auf die Rückstandshalde oder wurde in die alten Abbaue des Grubenfeldes versetzt.

Später, im Jahre wurde die Spülversatzanlage in Betrieb genommen. Der Schlamm musste bei diesem Verfahren in Absetzkästen geleitet, in Schlammrührbottiche mit heißer Lauge gekocht und auf den Schlammfiltern von der anhaftenden Lauge abgesaugt werden. Bald jedoch erwies sich diese Anlage als zu klein.

Im Jahre wurde ein zweiter Lösetrog dem ersten parallel geschaltet. Außerdem baute man in diesem Jahr eine dreistufige Vakuum - Kühlanlage. Die Abkühlung erfolgte jetzt in geschlossenen Gefäßen unter vermindertem Luftdruck.

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Dieses Verfahren brachte durch Herabsetzen des Siedepunktes der Lösung eine Verminderung der Kühlzeit. Damit waren gleichzeitig eine Verringerung der Anzahl der Kühlräume und eine wesentliche Dampfersparnis verbunden. Die Nachkühlung erfolgte in Kühlkästen oder Kühlschiffen. Die Abkühlung fand in Abhängigkeit von der Außentemperatur in 1—3 Tagen statt.

Durch sorgfältiges Abheben des Chlorkaliums aus den Kühlkästen konnte ein Teil der anfallenden Produktion zur Herstellung von 98er Garantiesalz verwendet werden. Gewöhnlich genügte hierzu eine 24-stündige Wasserdecke. Nach Verdrängung der anhaftenden Lauge hatte das Garantiesalz etwa folgende Zusammensetzung:

99,040% Chlorkalium
0,480% Chlornatrium
0,134% Chlormagnesium
0,049% Magnesium - Sulfat
0,160% Wasser
0,107% Brom
0,030% Ton u. dgl.

Die durch das Chlorkalium angereicherte Decklauge wurde für eine zweite Decke verwendet oder direkt dem Löseprozess wieder zugeführt. Außer diesem Garantiesalz stellte man noch die Handelsmarken 38/42 er, 48/52 er, 50/54 er, 56/58er und 60/62er Salze her. Das Industriesalz wurde dann in den chemischen Werken zu anderen Fabrikaten weiter verarbeitet.

Im Jahre 1923 wurde die Innenausrüstung der Trocknung — Trockenstation für das zuvor in Bottichen aufbereitete Salz — durch Aufstellung eines Trockenofens mit einer Trockentrommel von 2,2 m Durchm. und 11,5 m Länge (System Sauerbrey) fertig gestellt. Die Durchsatzleistung betrug 25 t/h. Das zu trocknende Salz mit einem Feuchtigkeitsgehalt von etwa 8—12% verließ als

getrocknetes Produkt die Trockentrommel mit 120 Grad Celsius und einer Feuchtigkeit von 0,5%. Um ein Anhaften größerer Salzmengen im inneren der Trockentrommel zu verhindern, wurde der Außenmantel mit einer Abklopfvorrichtung (Hämmer). Mit zunehmender Salzgewinnung infolge Steigerung der Produktion im Laufe der Jahre musste im Jahre eine weitere Trockentrommel mit 35t Leistung/h in Betrieb genommen werden. Zur Niederschlagung des sich in der Trockenstation bildenden Staubes wurde ein Elektrofilter in der Staubkammer eingebaut.

Da noch die provisorische Beteiligungsquote für Volkenroda Gültigkeit hatte, führte man für die beantragte Neueinschätzung in der Grube umfangreiche Aufschlussarbeiten durch. Im Zuge der weiteren Leistungssteigerung stellte man im Jahre einen neuen Schneckentroglöseapparat mit einem Durchsatz von etwa 100 t/h auf.

Die Befahrung durch die Kaliprüfungsstelle im zum Zwecke der Neueinschätzung brachte den gewünschten Erfolg. Die guten Aufschlüssen in der Grube, sowie die Leistungsfähigkeit der Fabrik und die Herstellung von 98er Garantiesalz bewahrte das Werk im Jahre vor der Stilllegung.

Mit der Steigerung der Rohsalzförderung und der damit verbunden erhöhten Produktion genügte der Durchsatz im Löseprozess nicht mehr den Anforderungen. Deshalb wurden im Jahre 1938 mit einem Turbolöser Versuche durchgeführt, die Versuche zeigten, daß eine Verlösung des sylvinitischen Hartsalzes möglich war.

So kamen dann die beiden jetzigen Turbolöser zur Aufstellung, mit denen ein Durchsatz von rund 150 t/h erreicht werden sollten. Zur Verringerung der Schlammbildung wurden öfters Umschaltungen

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von Gegenstrom auf Gleichstrom vorgenommen. Doch war das Ergebnis nicht restlos befriedigend. — In den Kriegsjahren von 1939 bis 1945 nahm man zur Bromgewinnung zwei Türme in Betrieb. —

In der Nachkriegszeit wurden in der Fabrik

umfangreiche Änderungen getroffen. Die ständige Steigerung der Kaliproduktion nach dem 2. Weltkrieg wirkte sich auch in der teilweisen Modernisierung der Fabrikanlagen bzw. in der Erweiterung derselben aus. Als Löseverfahren entschied man sich für das Gleichstromlösen. Durch den

 

Zeichnung, Unser Kali in aller Welt!
Unser Kali in aller Welt!

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Einbau von Klärapparaten und modernen Filtern sowie der Modernisierung der Vakuumanlage mit dem dahinter geschalteten Kühlturm erreichte man eine wesentliche Steigerung der Durchsatzkapazität. Die Beseitigung des Rückstandes wurde durch den Bau einer Transportbandanlage auf die Rückstandshalde verbessert. Weiterhin stabilisierte man durch die jährlichen Groß-Reparaturen der Löseaggregate, der Vakuumanlage sowie der Trocknung den fortlaufenden kontinuierlichen Lösebetrieb.

Die Entwicklung ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Es werden die nächsten Jahre beweisen,

daß die notwendige Steigerung der Produktion die weitere Modernisierung, Technisierung und Automatisierung unserer Fabrikanlage erfordert.

Der Export der Fabrikate erfolgt seit langem in viele Länder der Erde. Wegen seiner Grobkörnigkeit mit rötlichem Aussehen wird das Kalisalz von Volkenroda überall gern gekauft. Auf den eingehenden Aufträgen ist fast immer der Vermerk zu lesen:

„Nur rote, grobkörnige Ware von Volkenroda.“ Möge dieser gute Ruf dem Werk noch recht lange erhalten bleiben!

 

Die Entwicklung der Kraftanlagen

 

Für die neu gegründete Gewerkschaft Volkenroda war die Einrichtung einer Kraftanlage zum Abteufen des Schachtes und zur Förderung des Haufwerkes aus den durchteufen Erdschichten eine große Aufgabe. Ein Bezug von Elektroenergie aus dem Überlandnetz war nicht möglich, weil die Kapazität des damaligen Elektrizitätswerkes Bleicherode a. Harz zu gering war.

Zum Antrieb der ersten Haspel und für die Heizung der Unterkunftsräume wurden zwei transportable Dampfkessel mit einer Heizfläche von je 100 m2, einem Überdruck von 12 atü und einer Leistung von je 4t/h in Betrieb genommen wurde. Mit fortschreitender Teufe des Schachts stellte man im Jahre zwei Verbund–Dampf–Fördermaschinen mit Bobinen und einer Leistung von je 400—500 PS auf. Die transportable Kesselanlage musst auf 6 Kessel mit einer Leistung von je 4 t/h erweitert werden.

Im Jahre 1908 wurde der erste Teil der Kraftzentrale erbaut. Für den erforderlichen Kraftbedarf kamen eine AEG – Kondensations– Dampfturbine mit Drehmotor–Generator, eine Akkumulatoren – Batterie mit einer Kapazität von 378 A/h und 220 V und ein Ladeumformer zur Aufstellung. Die Leistung der Turbine betrug bei einem Dampfdruck von 12 atü maximal 360 kW. Der Drehstrom-Generator hatte bei einer Spannung von 525 V eine Leistung von 450 kVA. Die Kondensations-Turbine wurde im Jahre als Gegendruck–Turbine für einen Gegendruck bis zu 2 atü zwecks zusätzlicher Abdampfversorgung der Chlorkaliumfabrik umgebaut. Im Jahre stellte man die erste elektrische Fördermaschine mit einer Leistung von 630 bis 1445 PS im neu erbauten Fördermaschinenraum für die erste 4–Etagen–Förderung auf. Gleichzeitig wurde im erweiterten Gebäude der Kraftzentrale

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Foto, Teilansicht vom Kesselhaus
Werk Volkenroda: Kraftwerk — Teilansicht vom Kesselhaus —

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die zweite Kondensations–Dampf–Turbine mit Drehstrom–Generator und Gleichstrom–Dynamo in Tandem–Anordnung, Fabrikat BBC aufgebaut. Die Aggregate arbeiten mit folgenden Leistungszahlen:
Dampf–Turbine 750/1000 kW,
Drehstrom–Generator 750 kW,
Gleichstrom–Dynamo 550/1000 kW.

stellte man für die damalige Hauptfördermaschine und jetzige Nebenförderung einen Leonard-Umformer, Fabrikat BBC mit einer Leistung von 550/1000 kW auf. wurde die vom Abteufbetrieb herrührende Compound–Fördermaschine in eine Zwillings–Dampf–Fördermaschine umgebaut; die Förderung wurde mit 2–Etagen Förderung betrieben.

Im Jahre kam für den weiteren Energiebedarf des Betriebes eine dritte Kondensations–Dampf–Turbine mit einem 1650 kW–Drehstrom–Generator zur Aufstellung. Für die neu errichtete Chlorkaliumfabrik wurde zur weiteren Strom– und Abdampfversorgung ein neuer Gegendruck– Turbo–Generator mit einer Leistung

von 800 kW in der Kraftzentrale aufgebaut. ersetzte man die Zwillings – Dampfmaschine durch eine neue elektrische Fördermaschine mit einer Leistung von 890—2310 PS. Gleichzeitig wurde die 2– Etagen Förderung zur 4– Etagen Förderung umgebaut. Anstelle des 360 kW Dampf–Turbo–Generators in der Kraftzentrale, welcher infolge des Überlandanschlusses nicht mehr in Betrieb war, montierte man einen neun Leonard - Umformer mit Phasenschieber für die neue Hauptfördermaschine. Um eine wirtschaftliche Abdampfversorgung der Chlorkaliumfabrik zu gewährleisten, wurde schließlich der 1650 kW Kondensations– Dampf– Turbo– Generator durch eine 2000 kW–Gegendruckturbine mit einem Betriebsdruck von 40 atü und einem Drehstrom–Generator mit einer Leistung von 2500 kVA ersetzt.

Da die eigene Storm–Erzeugungsanlage für den stetig wachsenden Betrieb nicht mehr ausreichte, nahm man den Parallelbetrieb mit dem 10kV–Netz und mit dem 50 kV–Netz des Überlandwerkes auf.

 

Dampferzeugung und Wasserversorgung

 

Die Dampferzeugung des Kaliwerkes Volkenroda entwickelte sich ebenfalls aus kleinsten Anfängen. Den Ursprung bildeten im Jahre zwei transportable Lokomobilkessel. Der erzeugte Dampf diente lediglich zum Betrieb der Winden und Haspel, die zum Abteufen des Schachtes benötigt wurde.

Mit Beginn der eigenen Stromerzeugung im Jahre 1903 wurden gleichzeitig mit dem Bau des Kesselhauses 4 feststehende Doppelflammrohrkessel mit einer Leistung von 1,7 t/h je Kessel und einem Dampfzustand

von 12,0 atü bei 300 Grad Celsius aufgestellt. Die Umstellung auf elektrische Förderung sowie die steigenden Förderlänge machten die Aufstellung weiterer 10 Kesseleinheiten des gleichen Typs bis zum Jahre erforderlich. Die gesamte Kesselleistung betrug damit also rund 24 t/h.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Werk durch Brunnen mit Wasser versorgt, die in der näheren Umgebung des Werkes in den Jahren bis gebohrt wurden. Infolge des dauernd steigenden

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Wasserbedarfs zeigte es sich, daß die Schüttmengen dieser Brunnen für die Zukunft nicht ausreichten. Außerdem konnten die benötigten Wassermengen in der Nähe des Werkes nicht erschlossen werden.

Deshalb sind im Jahre die damaligen Gewerkschaft und zum Ankauf des Geländes der Lochmühle in der Gemarkung der Gemeinde Körner und sicherte sich die Wassernutzung. Nach Einfassung zweier Quellen und Bohrung von zwei

Brunnen von 13 und 16 m Teufe wurde die 10,5 km lange Wasserleitung von der Lochmühle über Pöthen nach Volkenroda verlegt. wurde die Wasserförderung der Brunnenanlage durch Bohren eines Tiefbrunnens von 45 m Teufe erhöht. In den Jahren bis erhöhte man die Dampferzeugung durch Aufstellung von zwei neuen HD–Kesseln mit einer Leistung von 18-20 t/h und einem Dampfzustand von 40 atü bei 400 Grad Celsius um mehr als das Doppelte.

 

Erdölgewinnung in Volkenroda

 

Besondere Beachtung in der Geschichte des VEB Kaliwerk Volkenroda verdient die Ölgewinnung zu Beginn der 30er Jahre. Zweifels ohne hat diese Zeit unserem Werk einen besonderen Stempel aufgeprägt und ihm einen besondern Charakter innerhalb der gesamten Kaliindustrie gegeben. Abgesehen davon, daß das normale Betriebsgeschehen in unserer Grube während und auch nach der Zeit der Ölgewinnung mehrfach infolge der vielen Bohrungen beeinflusst wurde, hat die Ölzeit von Volkenroda in ganz bestimmter Weise auch auf die übrige Kaliindustrie ausgestrahlt. Das Werk Volkenroda gab den ersten Impuls zur Einführung des Schlagwetterschutzes. Hier werden erstmalig im Kalibergbau im Jahre das elektrische Geleucht und schlagwettergeschützte Motoren eingeführt. Ferner verwendete man im gleichen Jahre in Volkenroda erstmalig Abreißzünder bei Schießarbeiten.

Durch die Ereignisse in Volkenroda gelangte man außerdem zu der Erkenntnis, daß man in den Kaligruben nicht nur mit Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2), sondern auch unter Umständen

mit schweren Kohlenwasserstoffen wie zum Beispiel C2H6 zu rechnen hat. Durch das gleichzeitige Auftreten von mehreren Kohlenwasserstoffen, von denen Methan infolge seines geringen spezifischen Gewichtes am weitesten von seinem Speichergestein wegzuwandern vermag, lernte der Kalibergmann erkennen, daß er nicht nur an der Firste gefährliche Gase zu suchen hat, sondern auch die Sohle beobachten muss.

Auf die Ereignisse, die die Ölgewinnung in Volkenroda einleiteten, soll im Folgenden näher eingegangen werden:

Schon in den 20 er Jahren stellte man in der Grube Volkenroda mehrfach nach Petroleum riechende, brennbare Gase fest. Der Ölgeruch trat in der ersten Hälfte des Jahres in dem damals bereits abgebauten Feldesteil zwischen den Strecken B8 und B10 besonders stark auf; dies war ein Feldesteil, in dem gerade versetzt wurde. Um Klarheit über den Charakter der Gase zu bekommen, fuhren zu Beginn einer 14–tägigen Groß–Reparaturpause am Montag, dem früh zwei Ingenieure und ein Analytiker ein.

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50 Jahre Kalibergwerk Volkenroda

Am Tage zuvor hatten schon Steiger und Kumpels Firsten und Stößen mit der Benzinlampe abgeleuchtet, ohne daß die Wetterlampe ansprach.

Beim Hinunterfahren einer der Handversatz–Böschungen in den Abbau haben sich, wie die späteren Untersuchungen ergaben, am Fuße der Böschung lagernde explosive Benzinluftgemische entzündet. Es erfolgte eine Explosion, die das Leben von drei Menschen forderte. Kurz darauf zeigten sich Brandherde und in den benachbarten Bauen dicke, stark mit Rußflocken durchsetzte Rauchschwaden. Bei den weiteren Untersuchungen über die Ursache des Brandes wurde in der Nacht vom 4.—5.Juni in der B 10 Strecke vor dem Abbau 6 Ölzuflüsse festgestellt, die aus dem durch Sohlendruck klüftigen Gebirge sickerten. Um das sich ansammelnde Öl kur zu halten, eine stärkere Verdunstung von Öl zu verhindern und eine Ausweitung des Brandes zu verhüten, wurde das Öl in abgedeckten Förderwagen zu Tage gebracht.

So wurde leider mit dem Tode von drei Menschen die ursprünglich unbeabsichtigte Ölgewinnung von Volkenroda eingeleitet. Nicht Wissenschaft und Technik entdeckte das Erdöl, sondern Entdeckung und Gewinnung waren die in Folge eines bedauerlichen Grubenunglückes.

Der systematisch betriebenen Ölgewinnung musste das komplizierte Löschen des entstandenen Brandes vorausgehen. Dies ist ebenfalls ein Markstein in unserer Werksgeschichte und soll wegen seines belehrenden Charakters eingehend dargestellt werden:

Wiederholte Versuche, an den Brand heranzukommen, scheiterten. Am Freitag, dem versuchte man durch Abblasen von Kohlensäure aus Stahlflaschen den Brand zu ersticken. Auch das scheiterte. Als letztes Mittel blieb nur die Abdeckung aller drei Schächte mit Bohlen,

doppelter Dachpappe und Sand. Vorher hatte man das eigentliche Brandfeld möglichst dicht mit Wetterverschlägen abgeschlossen. Zur Beobachtung der Vorgänge in der Grube baute man von der Rasenhängebank aus in der Mitte des Schachtes Volkenroda ein etwa 30 m langes Messrohr zur Entnahme von Gasproben ein. Schon einige Tage nach der Abdeckung der Schächte zeigten die Analysen der entnommenen Gasproben eine gewisse Gleichmäßigkeit im Sauerstoff- und Kohlensäuregehalt. Um jeder Explosionsgefahr aus dem Wege zu gehen, warnte der hinzugezogene Ölsachverständige dringend vor einer vorzeitigen Öffnung der Schächte. Erst nachdem die Schächte zwei Wochen lang abgedeckt waren, öffnete man am Montag, dem die Schachtröhren. Um einer Explosion eines möglicherweise aus der Grube strömenden Benzin-Luftgemisches vorzubeugen, wurden in sämtlichen Haushaltungen der damals noch auf dem Werk wohnenden Familien auch die Herdfeuerung gelöscht und die Familien selbst nach Menteroda evakuiert. Es durften weder Motoren in Betrieb genommen werden, noch auf dem Werkshof geraucht werden.

Zuerst wurde der Exhaustor am Schacht Volkenroda geöffnet. Da sich in den ausströmenden Gasen keine Russbildung mehr zeigte, was auch nach mehreren Stunden der Fall war, wurden alle drei Schächte aufgedeckt. 24 Stunden lang ließ man die Grubenbaue durch den natürlichen Wetterzug in einer Stärke von etwa 1800 m³ bestreichen.

Am Dienstag, dem , wurde dann die Grube erstmalig von Pöthen her wieder befahren. Bis zur B8–Strecke konnte dies ohne Dräger–Apparate geschehen. Durch die mit Rettungsgeräten ausgerüstete Grubenwehr wurde nun auch das Brandfeld befahren und das Ersticken des Brandes in den Abbauen 4 und 5 festgestellt. Die das Feld örtlich abgrenzenden Wetterdämme wurden beseitigt.

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Nachdem die angefahrene Belegschaft wieder aus der Grube gezogen war, setzte man den Hauptlüfter in Pöthen mit 3000 m³ pro Minute Leistung wieder in Betrieb.

Am Donnerstag, dem , fuhren einige Ingenieure erstmalig wieder in Volkenroda ein um das Brandfeld von der Gegenseite zu untersuchen.

Durch die 14–tägige Stilllegung der Grube waren folgende bemerkenswerte Umstände eingetreten: Durch die Wässer des Schachtes Volkenroda war der Sumpf übergelaufen. Dadurch entstanden im Grubengebäude erhebliche Auswaschungen. Nach den Berichten müssen die Schachtwässer bis in die Hauptmulde (B24) hinuntergelaufen sein. Hier hatte sich ebenfalls von B10 zulaufendes Öl gesammelt. Dieser Öl– und Wassersumpf war ziemlich groß, denn nach den Erzählungen haben die Handwerker bei der Aufstellung der Pumpen den Transport von Gezähe und Material mit Flößen durchgeführt.

Aus dem damaligen Ölbrand und den ersten Löschversuchen haben wir Kalibergleute heute nachfolgende Schlussfolgerungen zu ziehen: In der damaligen irrigen Annahme, es handele sich bei dem Brand um Gas Methan, wurde ursprünglich die Bewetterung des Brandfeldes verstärkt und so durch die erhöhte Sauerstoffzufuhr gerade das Gegenteil des angestrebte Ziel erreicht. Die vermehrte Wetterzufuhr begünstigte die starke Verdunstung des damals noch nicht festgestellten Öles und bildete somit Benzin-Luftgemische.

Wie bereits erwähnt, beobachtete man in der Nacht vom 4.-5.Juni, also noch vor der Abdeckung der Schächte, bei den missglücklichen Löschversuchen erstmals in der B10 Strecke einen Ölaustritt, der sich bis auf 2 m³ täglich steigerte. Nach dem wieder öffnen der Schächte am stellte man fest, daß sich die zufließende Ölmenge auf 8m³/Tag erhöht hatte. An der im Bild bezeichnten Stelle a,

Zeichnung, Grubenriss Volkenroda - Pöthen von 1930
Bild 1: Grubenriss Volkenroda - Pöthen von 1930

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die man als „Quelle 1“ benannte, hatte sich ein 20 m² großer Öltümpel gebildet. In der Nähe strömte aus Gebirgsrachen Gas aus. Durch den schon früher wahrgenommenen Petroleumgeruch und aus der Tatsache, daß an verschiedenen Streckenstößen, wie zum Beispiel

südlich vom Schacht Pöthen I und in der Durchschlagsstrecke Volkenroda–Pöthen, Ölflecke aufgetreten waren, schloss man, daß unter dem Kalilager ein größeres Öllager vorhanden sein müsse. Deshalb wurde in der Nähe von B10 mit den Vorbereitungsarbeiten zur Erdölgewinnung

 

Foto, Erdölauslaufstelle im Abbau 9 zwischen B28 und B32
Bild 2: Erdölauslaufstelle im Abbau 9 zwischen B28 und B32

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begonnen. Diese waren noch nicht beendet, als am und am auf dem südlichen Gegenflügel der Hauptmulde größere Gasausbrüche mit Gebirgsschlägen stattfanden.

Hier, im Bild 1 mit „Quelle 2“ bezeichnet, floss ab aus dem Abbau 9 und 10 aus herunter gebrochenen Gebirgsmassen ein regelrechter Ölbach hervor (Bild 2 und Bild 2a.)

 

Foto, Erdölauslaufstelle im Abbau 9 der B28 Strecke
Bild 2a: Erdölauslaufstelle im Abbau 9 der B28 Strecke

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Das in der Nähe des Ortes aufgenommene Bild 3 veranschaulicht deutlich, wie durch den Sohlendruck dem Öl mit seinem hohen Gasdruck der Zutritt zu den Grubenbauen erleichtert wurde. Dieser zweite Austritt lieferte täglich 65 m³ und war wesentlich stärker als der frühere auf dem Nordflügel der Mulde. Deshalb wurde die erste Bohrung nicht hier, sondern in der Nähe der Quelle 2 angesetzt. Zu Anfang des Jahres wurde mit dieser ersten Ölbohrung in Volkenroda begonnen. Ihr folgten im Laufe des Jahres etwa weitere 100 Kernbohrungen.

Diese fast über das gesamte damalige

Grubenfeld verteilte Bohrung ergaben für das Liegende unseres Kalilagers folgendes Profil:

Steinsalz 27—45m
Basal–Anhydrit 8—20m
Hauptdolomit 34—64m

Ein großer Teil der Bohrungen traf in den Schnitten und Klüften des Hauptdolomits Öl an. Deshalb ist dieser als Speichergestein des Öles anzusehen.

Bereits im ersten Jahr der Erdölbohrungen, also , wurden 51 000 t Öl in Volkenroda gewonnen. Damit hatte Volkenroda innerhalb kürzester Zeit die führende Stellung auf dem Gebiet der Erdölföderung

 

Foto, Durch Gebirgsdruck hoch gepresste Sohle
Bild 3: Durch Gebirgsdruck hoch gepresste Sohle

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eingenommen. In der übrigen deutschen Erdölindustrie förderte man nämlich im Jahre im Ganzen nur etwa 168 000 t Öl. Das Charakteristische der Ölgewinnung in Volkenroda ergibt sich aus der folgenden Betrachtung:

Foto, Bohranlage für eine Schrägbohrung
Bild 4: Bohranlage für eine Schrägbohrung

Wenn im Gebiet von Hannover und im Elsass auch schon eine untertägige Ölgewinnung vorhanden war, so dienten diese genannten Untertagebetriebe ausschließlich der Ölgewinnung. Sie erzielten mit einem großen Anlagevermögen und vielen Arbeitskräften nur verhältnismäßig geringe Ölmengen. — Im Gegensatz dazu förderte man in der Grube Volkenroda nach wie vor in zwei Schichten Kalisalze. Das Öl wurde nur nebenbei, also mit wenigen Arbeitskräften, geringen Kosten und in kürzerer Zeit gewonnen.

Wie gingen nun die Ölbohrungen selbst vor sich?
Als Bohrmaschinen verwendete man die gleichen wie sie damals schon lange für Horizontalbohrungen bekannt waren und auch heute noch gebraucht werden (Bild 4). Anfangs wurden die senkrecht nach unten angesetzt. Als man jedoch erkannt hatte, daß die Ölführenden Klüfte im Dolomit zumeist senkrecht standen, bohrte man mit einer Neigung von 45 Grad, um möglichst viele Klüfte zu treffen. Die Tiefe der Bohrungen betrugen etwa 150 m, ihre Durchmesser beliefen sich auf 39, 66 und 92mm. Es wurde mit Laugenspülung und auf Kern gebohrt. Im Steinsalz verwendete man Bohrkronen, die mit Edelstahl besetzt waren. Im Anhydrit und Dolomit dagegen wurden Bohrschneiden benutzt, die man mit Diamanten besetzt hatte. Die 20 m langen Standrohre drückte man mit 150 atü ab. Die Zeit vom Ansetzen einer Bohrung bis zum Fündigwerden betrug im nur noch 3 Wochen. Es wurden etwa 60 Bohrungen = rund 25% fündig.

War ein Bohrloch fündig geworden, musste man zuerst das Gestänge ziehen und die Bohrung

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verschließen. Dann wurde über dem Hauptabschlussschieber die so genannte Ölfördergarnitur (Bild 5) gebaut, wie wir sie heute noch an einzelnen Bohrlöchern sehen können. Mit Hilfe dieser Ölfördergarnituren, die aus zwei Schiebern für hohen Druck, einer Feineinstellung und zwei Manometern für Hoch- und Niederdruck bestanden, sollten mit hohem Durchflussdruck größte Ölmengen erzielt werden. Die Betätigung des Reglers erforderte besondere Übung. Der Kumpel musste sich im Laufe der Zeit ein sicheres Gefühl aneignen, um durch die Rückwärts– oder Vorwärtsbetätigung der Schieber und Millimeter auf jede Druck– und

Zuflussänderung des Ölgemisches im Bohrloch zu reagieren. War der Zufluss nach Fündigwerden besonders unregelmäßig, wurde ein Rohr von 20mm 1.Druchm. als sogen. Förderrohr in das Bohrloch eingesetzt. Es musste bis zur Fundstelle reichen. Durch den zwischen Förderrohr und Bohrlochwandung sich bildenden Gaspuffer wurde der Ölstrom ausgeglichen.

Alle Bohrungen von Volkenroda eruptierten. Der Gasgehalt des Öles war sehr hoch. Im Jahre kamen auf ein m³ gefördertes Öl. 150m³ ausströmendes Gas. Die Drücke der verschlossen Bohrungen schwankten zwischen 20 und 80 atü.

 

Foto, Armaturen der erschlossen Bohrungen 1 und 1a in A 36/30
Bild 5: Armaturen der erschlossen Bohrungen 1 und 1a in A 36/30

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Infolge der hohen Gasdrücke konnte das Volkenrodaer Vorkommen vollständig ausgebeutet werden.

Der für die Volkenrodaer Ölgewinnung typische hohe Gasdruck wirkte sich infolge der verhältnismäßig geringen Bohrteufe besonders günstig aus. Dagegen war beispielsweise bei den amerikanischen von über Tage gestoßenen Bohrungen der Triebweg wesentlich länger. Dadurch konnte hier nur mit einer Ausbeute von 40 % gerechnet werden.

Der Ölgasstrom trat aus den fündigen Bohrungen gewöhnlich nicht gleichmäßig, sondern stoßweise aus. In kurzen Intervallen wechselten Öl- und

Gasstrom miteinander ab. Es war ein geysirartiges Ausströmen. Der Kumpel sagte, die Bohrung „atmet“.

Der Ölgasstrom gelangte vom Bohrloch aus durch eine Rohrleitung in den Ölabschieber, in dem sich Gas und Öl voneinander trennten. (s. Bild 6). Der Ölabschieber war ein kleiner Kessel und enthielt innen eine zweite durchlöcherte Wand. Beim Durchfließen dieser gelochten Innenwand schieden sich das schwere Öl nach unten und das leichte Gas nach oben ab. Das Gas aller Bohrungen wurde in Rohren einer Hauptgasleitung zugeführt und in dieser durch den Schacht Volkenroda zu Tage gebracht. Anfangs wurde das Gas in die freie

 

Foto, Ölabscheider an der Bohrung C in B 28Abbau 15
Bild 6: Ölabscheider an der Bohrung C in B 28Abbau 15

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Atmosphäre abgeblasen, später aber zur Kesselheizung verwendet. Die sehr großen Gasmengen aber konnten von den Kesseln nur zum geringsten Teil v erbrauchen werden. Man ging deshalb dazu über, das Benzin in Gasometern, die noch heute stehen, aufzufangen. Das Öl dagegen floss durch Rohrleitungen in Haupttanks, die im Tiefsten der Hauptmulde bei B24 aufgestellt waren. Mittel Duplexpumpen mit Pressluftantrieb wurde das Öl nunmehr von diesen Zwischenbehältern die man übrigens zum Teil auch heute noch sehen kann, durch eine Hauptleitung in die Behälter in der Nähe der Pöthener Schächte gedrückt.

Dann pumpte man mittels zweier Drillings-Expresspumpen

von 30 und 150m³/h das Öl zu Tage in die Speicher- und Verladetanks (Bild 7). Reste dieser Anlage sind heute ebenfalls noch westliche des Schachtes I vorhanden. Damals waren die drei Tanks, von denen zwei 3100m³ und der dritte 1000m³ fasste, mit Druckvakuumventilen und Blitzschutz versehen.

Für das Volkenrodaer Öl war der hohe Benzingehalt von 25% typisch. Das Rohöl wurde in der Hauptsache an das Leunawerk abgegeben. Seinerzeit trug man sich sogar mit dem Gedanken, eine besondere Ölleitung von Pöthen bis zu den Leunawerken zu legen.

 

Foto, Speicher- und Verladeeinrichtung für Erdöl auf der Schachtanlage Pöthen
Bild 7: Speicher- und Verladeeinrichtung für Erdöl auf der Schachtanlage Pöthen.

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Bald nach Bekannt werden des ersten Ölfundes in Volkenroda verfügte das Land Thüringen durch „Notstandsgesetz“ vom , dass das Aufsuchen und Gewinnen von Erdöl, Erdgas und alle technisch verwendbaren Bitumen dem Staat vorbehalten blieb. Allerdings sagte dann das Gesetz weiter, das der Staat das Aufsuchen und Gewinnen auch anderen übertragen könne.

So wurde dieses Recht vom Land Thüringen Burbach-Konzern in einer 5720 Hektar großen Gerechtsame, der Größe des Grubenfeldes Volkenroda entsprechend, übertragen. Der Burbach Konzern hatte für jede Tonne gefördertes Öl eine feste Abgabe von 4,20 RM an das Land Thüringen abzuführen.

In dem westlich und südlich an das Volkenrodaer Grubenfeld angrenzenden, preußischen Gebiet des damaligen Regierungsbezirks Erfurt stand das Verfügungsrecht über das Erdöl den Grundeigentümern zu. Hier sicherten sich die Burbach-Kaliwerke durch Bohr- und Gewinnungsverträge mit der Stadt Mühlhausen und den Großgrundbesitzern weitere Ölfelder in einer Gesamtgröße von 3300 Hektar. Der Konzern hatte somit das Recht, in einem zusammenhängenden Feld von über 9000 Hektar auf Öl zu schürfen und es zu gewinnen. In den ergiebigsten Jahren der Ölgewinnung waren etwa 100 bAreiter speziell an den Bohrungen beschäftigt.

Über die Förderung an Rohöl gibt die folgende Zahlenreihe Aufschluss:

1930 4 200t
1931 51 500t
1932 15 782t
1933 5 900t
1934 1 700t

Das geförderte Rohöl hatte die Dichte von 0,840 und bestand aus 25% Benzin, 2% Paraffin, 50% Petroleum und 23% Ölrückstand.

Vom Jahre an ging die Ölförderung infolge Erschöpfung des Vorkommens rapide zurück und betrug lediglich noch einen verschwindenden Prozentteil der des Jahres . Die Förderung musst eingestellt werden. Dagegen sollen im Jahre täglich Förderleistungen von 300 t und mehr erreicht worden sein.

Mag auch im Laufe der Jahre 1931/1932 versucht worden sein, dem Ölgewinnungsbetrieb einen gewissen Grad der Sicherheit durch direktes und schnelles Anschließen der fündigen Bohrung höchste Ansprüche an die Kumpels stellte. Nicht nur, dass dieser kritische Zeitraum eine hohe Gefährdung der Arbeitenden in sich barg, war auch die körperliche Beanspruchung der Arbeiter infolge der unter hohem Druck ausströmenden Öl- und Gasmengen und der hohen Wettertemperaturen sehr groß.

Wie in Öl gebadet sahen die Kumpel am Schichtende oft aus, oder, wie sie selbst treffend sagten, „wie Molche“.

Nicht selten zeigten sich bei den Arbeitern eigenartige Erscheinungen. Die Betreffenden lebten plötzlich auf, wie man es bei mäßigem Alkoholgenuss beobachtet, um dann ebenso plötzlich zusammenzubrechen. In frische Wetter gebracht, "erholten" sich die Betroffenen allerdings sehr schnell.

Deshalb soll auch gerade an dieser Stelle, an der wir zeigten, dass die Kumpels unter Einsatz ihrer ganzen körperlichen Kraft gezwungen waren zu arbeiten, zu der Ausbeutung der Arbeiter durch die profitgierigen Aktionäre

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des Burbach - Konzerns Stellung genommen werden. Man braucht keine großen Worte zu machen, die nachfolgenden

Jahr Ölumsatz Preis pro t
in RM in RM
1930 383 130,- 90,-
1931 3 325 000,- 75,-
1932 1 341 470,- 85,-
1933 501 500,- 85,-
1934 156 690,- 90,-
1935 180 000,- 90,-
1936 ca. 180 000,- 100,-

Die Förderung und der Absatz von 1700 bis 2000 Tonnen jährlich dürfte etwa bis zum Jahre angehalten haben, so dass auch in diesen Jahren mit einem Profit von 120 000 bis 140 000 RM gerechnet werden kann.

Über die wirklichen Selbstkosten des Betriebes pro Tonne Rohöl lässt sich nur soviel sagen, dass in einer Betriebsakte von durch den damaligen Direktor des Fabrikbetriebes und des Labors, Dr. Katz, die Anmerkung verzeichnet ist: „Die Selbstkosten der Ölförderung betragen im März einschließlich Löhne und Verladung 19,60 Reichsmark“. Bezeichnend ist, dass sofort nach Ausbruch des Erdöls in Volkenroda ein bitterer Konkurrenzkampf zwischen den IG-Farbenkonzern, vertreten durch die zu ihm gehörigen Leuna Werke und der Winterhall - AG, vertreten durch die Erdölraffinerie Salzbergen entbrannte, der schließlich so endete, dass der IG-Farbenkonzern 75% des geförderten Rohöls sich durch Vertrag mit dem Burbach-Konzern sicherte, während die Winterhall-AG 25% erhielt. Dieser Konkurrenzkampf der beiden Monopole wurde natürlich vom Burbach-Konzern als Mittel zur ständigen Preissteigerungsversuchen ausgenutzt.

Zahlen, die im Wesentlichen den Aufzeichnungen der Konzern-Vertreter entnommen sind, sprechen für sich selbst.

Profit Abgaben an die
in RM Regierung in RM
209 611,- 17 640,-
2 550 000,- 217 939,-
1 025 000,- 66 284,-
383 500,- 24 780,-
121 870,- 7 312,-
140 000,- 8 400,-
ca. 145 000,-

So kam es in Leuna am zu Verhandlungen zwischen Vertretern des Burbach-Konzerns und der IG-Farben, da die Letztgenannten den geforderten Preis nicht mehr bezahlen wollten. Die Verhandlungen verliefen jedoch zu Ungunsten des IG-Farbenkonzerns, weil vertraglich festgelegt war, dass als Grundlage der Preisfestsetzung eine Bewertung nach dem spezifischen Gewicht zu erfolgen hatten.

In einer Notiz an den Direktor Köhling stellte Dr. Katz dazu fest: „Nach §2 des Vertrages ist der Preis für das Rohöl nach seinem spezifischen Gewicht von 0,855 festgesetzt, nämlich 75,- Reichsmark pro Tonne, für jede Unterschreitung bekommen wir ja für je 0,0005 spezifisches Gewicht 2,50 RM.

Beispiel 1:

Wir bekommen demnach für die Tonne
80,- RM
Spezifisches Gewicht des Rohöls = 0,846
Grundlage für 0,855 spezifisches Gewicht
0,855 = 75 RM/t
- 0,846
0,009 Differenz = 2 x 0,005 à 2,50 RM 
= 5,- RM 

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Beispiel 2:

Wir erhalten: Grundlage 0,855 spez. Gew.
kostet 75,00 RM/t
-7,50 RM/t
67,50 RM/t
Spezifisches Gewicht des Rohöls = 0,870
0,870
- 0,855
0,015 Differenz = 3 x 0,005 à 2,50 RM 
= 5,- RM 

Die Erwägung, ob man den jetzigen Normalpreis für das spezifische Gewicht von 0,855 erhöht oder ob man ihn bestehen lässt, hängt davon ab, ob das Rohöl auf die Dauer ein höheres spezifisches Gewicht aufweist.“

Das Wolfsgesetz des Kapitalismus war gerade in der Erdölindustrie so unerbittlich, dass es in jeder Vereinbarung des Burbach-Konzern mit den anderen Kapitalisten zum Ausdruck kam. Hier das treffende Beispiel:

Am wird ein Schriftstück an die Winterhall-AG abgesandt, in dem es u. a. heißt: „....bestätigen wir, Ihnen für Rechnung Erdölraffinerie Salzbergen GmbH verkauft zu haben 25% unserer monatlichen Versandmenge zum Preis von 90,- RM/t ab Werk unter Zugrundelegung nachstehender Lieferungsbedingungen:

Lieferung erfolgt in Käufers füllfähig und frachtfrei bereitzustellenden Kesselwagen....“ Derselbe Konzern antwortete einige Zeit später: „Wir können Ihnen jetzt für das Rohöl einen besseren Preis als bisher bezahlen..... wenn wir Ihnen in Zukunft 10,25 RM pro kg statt 9,00 RM pro kg vergüten wollen.“

Tatsächlich scheint es der Winterhall-AG aber erst , als der Ölfluss bereits merklich nachgelassen hatte, gelungen zu sein, den IG-Farbenkonzern zu verdrängen.

Die Herren des Burbach-Konzerns hatten aber nichts anderes zu tun, als unter den Augen der Kumpels, täglich ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzten, in der Kantine vor den Toren des Werkes einen Teil des Profits, trunken vor Gewinnsucht, zu verprassen.

Dass während der Zeit des Fündigwerdens und der Beherrschung der austretenden Öl- und Gasmengen unter den damaligen technischen Verhältnissen kaum unbedingte Sicherheit gegeben war, zeigt das Vorkommnis am an der Bohrung 36 b im Durchhieb 41 zwischen der Durchschlagsstrecke nach Pöthen und deren Parallelstrecke A (siehe Bild 1):

Diese Bohrung geriet um 21/2 Uhr, eine halbe Stunde nach Fündigwerden aus einer nicht geklärten Ursache in Brand.

Die aus zwei Mann bestehende Belegschaft war infolge des Fündigwerdens der Bohrung um weitere zwei Arbeiter zum Ziehen des Gestänges kurz vor der Explosion verstärkt worden. Im Augenblick, als die sich an der Sonde befindlichen Arbeiter den Spülkopf mit der Laugenleitung vom Gestänge abgeschraubt hatten und gerade das Gestänge selbst von der Bohrmaschine lösen wollten, erfolgte die Entzündung. Leider wurde auch hier wieder ein Mann getötet und drei erlagen später ihren schweren Verletzungen.

Der brennende Öl-Gasstrom erleuchtete die Umgebung taghell. Das erhitzte Gebirge brach krachend aus der Firste und häufte über der Sohle einen ständig wachsenden Salzberg, aus dessen Kuppe die dem Bohrgestänge entströmende meterlange Stichflamme in schnellen Stößen hervor schoss. An den Böschungen brannten unzählige Gasflammen stetig und auf der Sohle floss das Öl in Richtung Durchschlagstrecke.

In Auswertung der Erfahrungen des Brandes von wurden in diesen Fall die richtigen Maßnahmen

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des Abdämmens zuerst aller Durchhiebe zwischen Haupt- und Begleitstrecke und anschließend des Schachtes Volkenroda selbst durchführt.

Auch in der Hauptstrecke südlich des Brandes wurde beschleunigt mit dem Zumauern begonnen. Man glaubte anfangs, durch diesen Mauerdamm ohne Schließung des Schachtes Pöthen das Ziel der Brandbekämpfung zu erreichen und den Förderbetrieb hier aufrechterhalten zu können. Dies stellte sich als Irrtum heraus. In den 130m langen einfallenden Sumpf der Begleitstrecke (A-Strecke), der südlich der Brandstelle lag, flossen schwere Kohlenwasserstoffgase und bildeten dort mit der vorhandenen Luft ein explosives Gasgemisch, dass sich sofort durch die Flammen entzündete.

Es erfolgten zwei weitere heftige Explosionen, wodurch die Dämme vor den Durchhieben A40 und 42 total zerstört wurden. Jetzt musste das Abdämmen der Hauptförderstrecke aufgegeben und auch die Pöthener Schächte mussten dicht verschossen werden.

Am , also etwa nach 18 Tagen, wurde zunächst der Volkenrodaer Schacht nach Sicherung seiner Umgebung teilweise geöffnet und zwei Stunden später Pöthen.

Noch am selben Tage fuhr eine Rettungsmannschaft in Pöthen ein und stieß bis zur Brandstelle vor. Das Feuer war nicht erloschen, sondern nur stark verkleinert. Es zeigte gegenüber der früheren hellen, jetzt eine dunkle Flamme. Daraufhin wurden nicht nur die Schächte wieder verschlossen, sondern auch erstickende Gase in Form von Rauchgasen, die im Kesselhaus Pöthen erzeugt wurden, in den Schacht Pöthen eingeführt.

Am wurde mit dem Einblasen begonnen.

Am Schacht Volkenroda musste natürlich ebensoviel Wetter abgesaugt werden, wie Rauchgase in Pöthen eingeblasen wurden. Wenn auch die eingeblasenen Rauchgase 11% Kohlensäure und nur 7% Sauerstoff aufwiesen, setzte man einer Rauchgasmenge von 4000m3/h noch 500m3 reine Kohlensäure zu.

Auf Anraten eines herangezogenen Brandingenieurs wurde die Abkühlung der Stöße mit Kohlensäureschnee vorgenommen. Trotzdem lebte der Brand am selben Tage wieder auf. Unter Einsatz von großen Kohlensäuremengen und schnellen örtlichen Abdämmungen gelang es aber, schon nach 51/2-stündiger Arbeit den Brand zum Ersticken zu bringen. Nunmehr wurde außer der Kohlensäure auch große Laugemengen mit 6 Stahlrohren zur Abkühlung der Stöße und des Haufwerkes über der Bohrung herangeführt.

Wenn wir in unserer Werks-Chronik gerade der Zeit der Ölgewinnung und insbesondere den beiden Ölbränden einen breiten Raum gewidmet haben, so sei es zu Ehren derjenigen getan, die im Kampf um das Öl ihr Leben lassen mussten. Jedoch auch jenen Kumpels und Ingenieuren, die heldenhaftes in dieser Zeit leisteten, sei besondere Hochachtung gezollt.

Darüber hinaus kann vielleicht auch dieser oder jener jüngere Bergmann eigene Lehren für seine Berufsarbeit diesen Ausführungen entnehmen.

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Volkenroda in der Zeit von

 

Wenn auch die Arbeiter des Werkes schon immer eine harten Kampf um die Verwirklichung ihrer Forderungen führen mussten und dabei den Herren der Burbach-Konzerns verschiedene Rechte für die Arbeiterklasse abgekämpft hatten, so begann für die Belegschaft mit dem Machtantritt des Hitlerfaschismus einer Zeit völliger Rechtlosigkeit. So kam es zu der Verführung des Bergamtes Weimar vom an alle Bergbaubetriebe mit folgendem Wortlaut: „Ehemalige SPD- und KPD- Angehörige werden nicht mehr als Betriebsratsmitglieder anerkannt werden, ehe sie nicht Mitglieder der NSDAP geworden sind. Die Werke sollen Leute der gedachten Art zum Austritt aus dem Betriebsrat veranlassen.“

Man wagte damals noch keine Neuwahlen, um evtl. Kandidaten der NSDAP und als Betriebsrat wählen zu lassen.

Deshalb wurden durch das Landratsamt Sondershausen am 6 Gewährsleute der NSDAP ernannt.

Die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Kapitalisten verstärkte sich immer mehr, da den Kumpels durch die Zerschlagung ihrer Gewerkschaften jede Möglichkeit zur Verteidigung ihrer Errungenschaften genommen war. Das nützten auch die Herren des Burbach-Konzerns zur schonungslosen Ausbeutung der Arbeiter des Werkes bis aus.

Hier das Beispiel:
Wenn man sich in den Betriebsakten vom umsieht, so erhält man folgendes Bild: Der Doppelzentner 40%iges Kalidüngesalz kostete 11,50 RM, die Betriebskosten betrugen 5,89 RM. Davon wurden

für Lohn 0,55 RM ausgegeben und für Materialien, Abnutzung der Maschinen und Aggregate usw. 5,34 RM.

Ziehen wir jetzt die von Karl-Marx wissenschaftlich erarbeitete Mehrwert-Theorie heran! Der Kapitalist kauft bekanntlich die Ware Arbeitskraft zu ihrem Wert. Für das andere Geld kaufte er die zur Produktion notwendigen Maschinen anteilmäßig und die verwendeten Rohstoffe. Dann lässt er die Arbeiter produzieren, wobei alle Maschinen anteilmäßig und die verwendeten Rohstoffe oder Halbfabrikate ihren Wert ganz auf das neue Produkt übertragen. Umgerechnet auf den Doppelzentner 40%iges Kalidüngesalz sind das in diesem Fall 5,43 RM. Da der Kapitalist das 40%ige Kalidüngesalz zu seinem wirklichen Wert von 11,50 RM verkauft hat, ergibt sich ein Mehrwert von 5,61 RM. Das ist das Zehnfache des Lohnes, den die Arbeiter für die Produktion für einen Doppelzentner 40%igen Kalidüngesalz erhielten oder ein Ausbeutungsgrad von 1020%.

Dieser Ausbeutungsgrad kann in der weiteren Folge noch angestiegen sein, da er bekanntlich durch mehrere Faktoren, wie zum Beispiel das Bewusstsein und den Grad der Organisation der Arbeiterklasse sowie das Mehr oder minder große Heer der ständigen Arbeitslosen usw., die wir hier nicht alle im einzelnen behandeln können, bestimmt wird.

Der klassenbewusste Teil der Arbeiter des Betriebes setzte auch unter den Bedingungen der terroristischen Diktatur der Faschisten seine Arbeit solange fort, bis es fast unmöglich war, die Verbindungen zu anderen Parteigruppen aufrechtzuerhalten. So wurden durch die Genossen der SPD

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und KPD des Ortes Menteroda noch vor den März-Wahlen des Jahres verstärkte Anstrengungen unternommen, um es den Faschisten unmöglich zu machen, ihren vorbereiteten Wahlbetrug zu vollenden. Gemeinsam führten die Genossen deshalb im Hotel „Herting“ eine Versammlung durch, wo die erforderlichen Maßnahmen der Arbeiter festgelegt wurden. Zur Unterstützung der Genossen hatte sich ebenfalls ein KPD-Abgeordneter des Landtages von Weimar hierher begeben. In der Versammlung konnte vollkommene Übereinstimmung der Genossen der SPD und KPD erzielt werden.

Von Seiten der Faschisten und ihrer Hintermänner wurden jetzt die SA-Schlägerkolonnen zusammengezogen, um die Aktion der Arbeiter zu verhindern und die sozialistischen Funktionäre zu verhaften. Die Genossen Emil Kröber, Karl Dittma und Ignatz Mlinarsczik wurden verhaftet. Auf die Genossen, welche trotzdem noch in der Nacht zum Wahltag Flugblätter klebten, wurde rücksichtslos geschossen. Aber es gelang den Faschisten nicht, noch weiterer Genossen habhaft werden oder sie zu erkennen. Der Vorsitzende der Ortsorganisation der KPD von Menteroda, Genosse Robert Bosle, musste, um den Verfolgungen zu entgehen, sein Arbeitsbereich wechseln.

Von den nazistischen Bütteln in der damaligen Direktion des Werkes Hause und Stauffenberg angestiftet, wurde auch unser Genosse Paul Panse aus seiner damaligen Tätigkeit in der Gemeindeverwaltung entlassen. Hier der Text seines Entlassungsbriefes:

„Menteroda, den

Die Gemeindeverwaltung sieht sich genötigt, Ihnen zum ds. Jrs. Ihre Stelle als Gemeindeboten zu kündigen.

Wir begründen die Entlassung wie folgt:

Auf Grund Ihrer früheren Einstellung wegen der ungeklärten Flugblätterangelegenheit besitzen Sie nicht mehr das volle Vertrauen der Gemeinde.

Der Gemeindevorstand
Rudolf“     

In einem weitern Schreiben vom wurde erklärt: „Panse ist durch den marxistischen Bürgermeister Rindermann zu diesem Posten gekommen und ist auch jederzeit für den ehemaligen Bürgermeister eingetreten. Daraus ergibt sich, dass Panse nicht mehr das Vertrauen der heute nationalsozialistischen Gemeindevertretung besitzt. Außerdem ist Panse in eine Flugblätterangelegenheit verwickelt, die noch nicht restlos geklärt ist. Seine Mitwisserschaft gilt keinesfalls als noch nicht erwiesen. Es handelt sich um ein sozialdemokratisches Flugblatt voller Gemeinheiten, Beleidigungen und Angriffe gegen die NSDAP. Panse hat dieses Flugblatt ausgetragen.

Der Gemeindevorstand
Rudolf“     

In der weiteren Entwicklung der Ereignisse musste von den Genossen sowohl im Betrieb als auch in ihrem Wohnbereich größte Vorsicht geübt werden, da sonst auch die Möglichkeit des Auffliegens bestand. Deshalb sind auch weiter keine konkreten Unterlagen bis vorhanden, trotzdem fast alle standhaften Genossen beider Arbeiterparteien sich an der Roten Hilfe beteiligten, die den Angehörigen jener Genossen Unterstützung gewährte, welche in den Zuchthäusern und Konzentrationslagern der Faschisten schmachteten.

Durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges mussten viele Werksangehörige ihren Arbeitsplatz verlassen und zum Kriegsdienst einrücken. Auf die freien Arbeitsplätze setzte man Kriegsgefangene aus England und Zwangsarbeiter aus Polen

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und der Sowjetunion, die gewaltsam aus ihrer Heimat verschleppt wurden. Unter ständigen Repressalien und durch Strafe wurden sie gezwungen, ihre Arbeit zu leisten. Prügel und Kürzung der Verpflegung waren an der Tagesordnung. Folgende Aufstellung gibt einen Überblick über die Entwicklung der Förderung auf dem Werk Volkenroda und über die Belegschaftsstärken des Werkes:

Jahr Förderung von Belegschaft von
Volkenroda Volkenr. u. Pöthen
1938 100,0 % 100,0%
1939 107,0% 114,8%
1940 109,7% 120,3%
1941 107,7% 135,8%
1942 100,2% 137,8%
1943 103,2% 142,6%
1944 99,6% 143,8%
1945 19,4% 83,9%

Vorteilhaft wirkte sich im Krieg das Erdgasvorkommen für das Werk aus. Es reichte während der Dauer des Krieges noch für die Versorgung von 3—4 Kesseleinheiten. Das Erdgas war eine wertvolle Beihilfe zur Versorgung des Kesselhauses mit Brennstoffen.

Von unmittelbaren Kriegseinwirkungen blieb das Werk bis verschont. Bei einem Tieffliegerangriff auf das Bahngelände des Übergangsbahnhofes in Menterode wurde um diese Zeit ein mit Sprengstoff beladener Wagen, der für die Grube bestimmt war, getroffen und explodierte. Anschließend wurde das Dorf Menteroda durch angloamerikanische Flugzeuge mit Bomben belegt und später das Werk Volkenroda von Tieffliegern angegriffen. Der Tieffliegerangriff galt besonders dem Rohsalzschuppen, da man wohl dort ein Sprengstofflager vermutete. Hierbei geriet der Schuppen in Brand. Das Dach brannte größtenteils ab. Der angerichtete Schaden war jedoch im Verhältnis

zum Gesamtwert des Werkes gering.

Weitere Angriffe unterblieben.

Beim Anrücken der amerikanischen Truppen zogen sich die auf dem Werk stationierten Truppen zurück, so dass es von Kampfhandlungen verschont blieb. Gegen Ende des Jahres machten sich schon die Auswirkungen des unheilvollen Krieges für das Werk immer mehr bemerkbar. Die Schuppen füllten sich und die Fertigfabrikate mussten in die Grube genommen werden, da der Absatz und die Bereitstellung der notwendigen Waggons stockten. Die Leistungsfähigkeit des Werkes ließ nach, weil dringend notwendige Überholungen an Maschinen und Apparaturen unterblieben. Neuausrüstungen wurden nicht vorgenommen. Die Kriegswirtschaft hatte alle Materialien verschlungen. Zudem war über die vielen Jahre hinweg ein Raubbau in den Gruben Volkenroda und Pöthen betrieben worden, dessen zerstörende Wirkung nicht in kurzer Zeit wieder gut zu machen war. Die Sicherheitsarbeiten waren vollkommen vernachlässigt worden. Sie erforderten in der Folgezeit große Mittel, um den Kumpels ein sicheres Arbeiten zu gewährleisten. Die Herren des Burbach-Konzerns hatten bis zur letzten Minute nur ein Ziel verfolgt und das hieß: Unter Preisgabe der Sicherheit der Kumpels und der damit heraufbeschworenen Einsturzgefahr des gesamten Grubengebäudes ihre Maximalprofite aus den Bergleuten herauszupressen.

Man versuchte sogar noch vor Beendigung des Krieges die Bohrtätigkeit nach Erdöl wieder aufzunehmen. Hierzu betrieb man die nötigen Vorrichtungen, wie Aufwältigen der A-Strecke und A 17/18-Strecke, Herrichten der Bohrstelle und Aufstellen der Tiefbohrmaschine und eines dazugehörigen Kompressors.

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In der Zwischenzeit erfolgte die Besetzung durch die amerikanischen Truppen, wodurch eine Betriebsunterbrechung eintrat. Die amerikanische Besatzungsmacht erlaubte vorerst nur, die im Schacht Volkenroda bei der 740m-Sohle zufließenden Wässer zu Tage zu pumpen und in der Grube einige Sicherungsarbeiten auszuführen.

Ebenso durften die Bohrungen in der A 17-Strecke weiter betriebe werden. Ein Erfolg stellte sich jedoch hier nicht ein.

Eine planmäßige Aufnahme der Förderung und Verarbeitung des Rohsalzes wurde erst mit der Übernahme des Werkes durch die Sowjetunion als SAG-Betrieb ermöglicht.

 

Volkenroda als SAG-Betrieb

 

Es ist die unvergessene Tat des Bergmannes von Volkenroda, dass er nach Beendigung des grauenvollen Krieges in mühevoller Kleinarbeit und selbstlos die Aufgabe übernahm das Werk wieder in Betrieb zu setzen, somit die Grube zu retten und für mehr als 1000 Arbeiter aus Menteroda und Umgebung den Arbeitsplatz zu erhalten. Es war eine Pionierarbeit zu leisten, die umso höher einzuschätzen ist, wenn man den vernachlässigten Zustand unserer Gruben berücksichtigt und bedenkt, wie begrenzt die Möglichkeiten waren, die technische Ausrüstung im ganzen gesehen, zu verbessern. Die Grubenbaue waren ausgeräubert, es lagen keine Ansatzpunkte für neue Abbaubetriebe vor, die Einrichtungen über und unter Tage waren verbraucht und mussten dadurch versagen. Wo die Maschinen versagten, versagten zum Teil auch die Menschen. Äußerst ungünstige Wetterbedingungen in den Gruben, unzureichender Schlagwetterschutz, versatzloser Abbau auf der Anlage Pöthen und unzureichender Spülversatz auf der Schachtanlage Volkenroda, gefährlicher Zustand der Schachtröhren, unsichere Förderstrecken und anderes mehr, das waren die Zustände, unter denen man damals die Arbeit wieder begann. War man manchmal auch mutlos und verzagt, wenn das notwendige Material nicht zu beschaffen war, wenn die alten Maschinen immer wieder

versagten und keine Ersatzteile vorhanden waren, so gelang es doch immerhin in kurzer Zeit, die Produktionsstätte wieder in vollen Betrieb zu bringen. Das ist ein Beispiel dafür, wie der sprichwörtlich zähe Wille des Bergmannes durch gemeinsame Anstrengungen mit der fortschrittlichen Intelligenz allmählich diese Schwierigkeiten überwand. Mit den hervorragenden Einzelleistungen unserer alten Aktivisten, der jungen Brigaden und der sich in zwischen durchsetzenden Bewusstseinsänderung begann mit dem Jahre 1946 wieder ein allmählicher Anstieg der Arbeitsfreudigkeit und dadurch eine Leistungssteigerung, die mit der Verbesserung der betrieblichen Leistungen das Werk Volkenroda schließlich zu einem wichtigen Schwerpunktbetrieb im Kreis Mühlhausen anwachsen ließ. Betrachtet man die Entwicklung der Förder- und Produktionsleistungen pro Tag von bis , so ist festzustellen, dass bereits 1948 die im Jahre 1944 gebrachte Förderleistung überschritten wurde. Im Vergleich zur täglichen Förderleistung von = 100 %, beträgt die Steigerung:

1948 = 100,2%
1949 = 111,6%
1950 = 121,6%
1951 = 111,8%
1952 = 126,3%

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Das Absinken der Förderung ist mit der Grubenkatastrophe auf der Schachtanlage Pöthen in Zusammenhang zu bringen. Die Zahlen der Produktionsleistungen zeigen, wiederum bezog auf das Jahr , von bis ein bemerkenswertes Ansteigen, das Jahr schließlich 126,3% erreichen. Diese Zahlen sprechen für sich. Sie drücken aber auch aus, dass Arbeiter und Intelligenz in diesen schweren Jahren nicht untätig waren, sondern ihr Bestes hergaben zur Erreichung unseres gemeinsamen großen Zieles, der Erfüllung der uns im Volkswirtschaftsplan gestellten Aufgaben.

Es ist bekannt, dass seit Gründung der Deutschen Demokratischen Republik die Produkte der SAG-Betriebe Bestandteil der Volkswirtschaftspläne geworden sind. Das Kaliwerk Volkenroda gehörte zu den Werken, die seit auf Grund des Potsdamer Abkommens übereignet wurden und seit dieser Zeit als SAG-Betriebe unter Leitung sowjetischer Direktoren und Ingenieure standen. Damit wurde es Tausenden von deutschen Arbeitern ermöglicht, weiter ihrer Beschäftigung nachzugehen.

Heute können wir als unumstößliche Tatsache feststellen, dass die sowjetischer Direktoren und Ingenieure diese Betriebe auf Grund ihrer reichen Erfahrungen aus den sowjetischen Fünfjahrplänen des Aufbaues des Sozialismus auf ein hohes, wirtschaftliches Niveau gebracht haben. Ein Teil der Produktion diente zur Wiedergutmachung der Vernichtungen, welche der Faschismus angerichtet hatte.

So haben wir auch die beachtliche Entwicklung unseres Betriebes seit nicht und unserer Arbeiter allein zu verdanken. Sie konnten nur dadurch erfolgen, daß hervorragende sowjetische Menschen seit die Leitung des Werkes übernommen hatten. In oft mühsamer Kleinarbeit

wurden unter ihrer Anleitung Maßnahmen festgelegt, durch welche die Fehler in der Organisation und viele andere Schwächen beseitigt werden konnten.

Der Wettbewerbsgedanke wurde weiter entwickelt, die Bestarbeiter erhielten ihre verdienten Auszeichnungen, das Verbesserungsvorschlagswesen wurde eingeführt.

Als bemerkenswerte Tatsache, die für die Weiterentwicklung des Werkes von entscheidender Bedeutung war, ist hervorzuheben, dass bei allen Besprechungen mit der sowjetischen Leitung neben der Planerfüllung die Sorge um den schaffenden Menschen im Vordergrund stand. Ihr ist es zu verdanken, dass der Arbeitsschutzgedanke vertieft und die technische Sicherheit weitgehend gefördert werden konnte. Umfangreiche Maßnahmen erforderten große Finanzielle Mittel zur Verbesserung der Grubensicherheit. Sie umfassten die Probleme der Versatzwirtschaft, der Wetterführung und deren planmäßiger Überwachung und der damit zusammenhängend der Bekämpfung der Gasgefahr, die Sicherung der Schachtröhren, wie überhaupt die Verbesserung der betrieblichen Bedingungen.

Mit Hilfe der aufbauwilligen Kräfte wurde die sowjetische Leitung in die Lage versetzt, die Grube Volkenroda weitgehend zu reorganisieren. Die Aufwältigung verbrochener Wetterstrecken, die Einrichtung von Fluchtwegen von Revier zu Revier, die systematische Überwachung der Bohrungen auf Erdöl und Erdgas, die Beschaffung von geeigneten Messinstrumenten und betrieblichen Einrichtungen sowie die Verbesserung der hygienischen Anlagen sind markante Beweise für die Verbesserung der Verhältnisse, obwohl dies Maßnahmen nur Nebenaufgaben bei der Erfüllung des Produktionsplanes waren.

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Es verdient besonders hervorgehoben zu werden dass der technologische Prozess in der Chlorkaliumfabrik vervollkommnet und einen Kühlturm zur Erhöhung des Ausbringens in der Fabrik in Betrieb genommen wurde.

Die materielle Hilfe für die Belegschaft fand ihren Ausdruck in der vorbildlichen Werksverpflegung in der Beschaffung der damals raren Genussmittel, in der zur Verfügungsstellung von Berufsbekleidung und nicht zuletzt in der energischen Förderung der Wohnraumfrage. Damit waren die Bergarbeiter in der Lage, den Anforderungen des Berufes besser nachzukommen.

Einzigartig waren die Maßnahmen zur Heranbildung eines tüchtigen bergmännischen Nachwuchses. Die Arbeit des Bergmannes ist schwer. Sie fordert daher höchste Qualifizierung. Der Bau eines modernen Lehrlingsheimes und die Bereitstellung einer vorbildlichen Lehrwerkstatt entsprachen dem Grundsatz, alles zu tun, um die Jugend zu fördern Ausreichende materielle und ideelle Hilfe bietet heute unserer Jugend im Bergbau die Möglichkeit, sich auch für die höhere berufliche Laufbahn zu qualifizieren. In dieser Zeit fällt außerdem die Entstehung unseres Klubhauses. Das „Klubhaus der Freundschaft“ entstand

 

Foto, Werk Volkenroda: Lehrwerkstatt
Werk Volkenroda: Lehrwerkstatt

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Zeichnung, Klubhaus Volkenroda
(Bild) Klubhaus Volkenroda

 

in einer Ausführung wie wir sie in der weiteren Umgebung nicht wieder antreffen stellt ein Geschenk der Sowjet-Regierung an unsere Kumpels dar. Die kulturelle Betreuung der Belegschaft konnte dadurch wesentlich verbessert werden. Dem Kalikumpel war somit die Möglichkeit gegeben, zu lang entbehrten Genüssen zu kommen, Filmvorführungen zu erleben und Vorträge zu hören, an denen er früher nie beteilig war. In schönen, geschmackvoll und

bequem eingerichteten Räumen konnte sich der Bergmann nach harter Arbeit unter Tage in jeder Weise erholen und erfreuen.

Weitere Beispiele, wie ernst die Sorge um den Menschen genommen wurde, sind der Bau neuer Wohnungen in unmittelbarer Nähe der Werksanlagen, der Ausbau der Betriebssanitärstelle, die Neuerrichtung der Grubenrettungsstelle mit allem erforderlichen Zubehör, sowie die sorgfältige Ausbildung der Grubenwehr, in ihre Bewährungsproben

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Zeichnung Fuchsland
Klubhaus: Einer unserer Klubräume

 

inzwischen in manchem Einsatz bestanden hat. Es ist wohl selbstverständlich, dass durch eine derartige Entwicklung des politischen Lebens außerordentlich beeinflusst wurde. Sie war beredeter Ausdruck für die freundschaftliche Hilfe der Sowjetunion und nahm wohl allen Zweiflern endgültig ihre oberflächliche Einstellung zu allen politischen Fragen. Die Hilfe der sowjetischen Freunde gab der Partei der Arbeiterklasse und unserem Arbeiter- und Bauernstaat

auch im betrieblichen Geschehen eine Stärke, auf der alle späteren Erfolge basieren. Zusammenfassend lässt sich über diesen Zeitabschnitt sagen, dass die gemeinsame Arbeit mit der damaligen sowjetischen Werkleitung außerordentlich fruchtbringend war. Aus dieser Zusammenarbeit ergaben sich große Perspektiven für den Zeitabschnitt vom bis heute, nachdem durch den großen Freundschaftsakt der Regierung der UdSSR auch unser Werk in die Hände des Volkes gegeben war.

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Volkenroda als Volkseigener Betrieb

 

Es war ein denkwürdiges Ereignis, als am Vorabend des Weltfeiertages bekannt wurde, dass die Regierung der UdSSR beschlossen hatte, 66 Betriebe der SAG an die Regierung der DDR zu übergeben.

Für die Belegschaft des Kalikombinates Volkenroda war diese Tat insofern von besonderer Bedeutung, weil ihr Werk zu den Betrieben gehörte die nunmehr in das Eigentum des Volkes übergingen. Der Größe dieser Tatsache wird man sich erst vollkommen bewusst, wenn man Rückschau hält, auf die Zeit, in der es zur Gründung des früheren Gewerkschaft „Friedenstein“, später der Gewerkschaft „Volkenroda“ kam und auf die Stufen der Entwicklung, die der Betrieb seit seiner Zugehörigkeit zum Burbach-Konzern seit , als SAG-Betrieb und schließlich als volkseigener Betrieb durchlief.

Der freundschaftliche Akt der Übergabe, der am von dem Bevollmächtigten der Sowjet-Regierung Kobulow und dem Stellvertreter des Ministerpräsidenten, Walter Ulbricht, in Anwesenheit zahlreicher maßgebender Vertreter der SU und der DDR unterzeichnet wurde, war ein eindeutiger Beweis der Friedenspolitik der SU. Es war somit auch eine Ehrenpflicht für die damalige Werksleitung, dass sie der Dank der Belegschaft besonders dem letzten sowjetischen Generaldirektor Rytschko und dem Chef - Ingenieur Koslow anlässlich der Übergabe des Werkes aussprach, weil gerade mit Hilfe dieser hervorragenden Menschen die meisten betrieblichen Schwierigkeiten beseitigt werden konnten. Beide haben durch ihr hohes fachliches Können und ihr umfangreiches Wissen dem Werk unschätzbare

Dienste geleistet und uns damit in die Lage versetzt, auch unseren Teil zum Gelingen des Volkswirtschaftsplanes beizutragen.

Volkseigener Betrieb seit ! Das ist ein besonderer Markstein in der Geschichte unseres Werkes. Der Betrieb gehörte uns und dient nicht mehr den Profitinteressen Einzelner. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass wir die große Verpflichtung übernehmen, die Staatsgewalt der DDR zu festigen, in unserer Arbeit nicht nachzulassen und die Leistungen weiterhin zu steigern. Damit nützen wir uns selbst und fördern den Wohlstand des Volkes.

Der wesentliche Aufbau und Ausbau des Grubenbetriebes erfolgte im ersten Fünfjahrplan. Dazu waren umfangreiche organisatorische und technische Umstellungen notwendig. Sie dienten zunächst der Erhöhung der Grubensicherheit und umfassten Arbeiten für die großen Probleme der Wetterwirtschaft, der Spülversatzwirtschaft, des Schlagwetterschutzes und des elektrischen Fernschießens.

Die Maßnahmen trugen insbesondere den Gefahrenverhältnissen Rechnung, die einmal bedingt sind durch die Tektonik der Lagerstätte - außergewöhnliche Teufe und die damit zusammenhängenden Gebirgsdruckerscheinungen, die erhöhte Grubentemperatur, die Gasgefahr und die Gefahr der Gebirgsschläge - und zum anderen durch die technischen und organisatorischen Bedingungen, die von jeher für das Kaliwerk Volkenroda als ungünstig angesehen werden.

Diese umfassenden Arbeiten bedeuteten ein Programm auf weite Sicht und benötigten zu ihrer Verwirklichung aus technischen und finanziellen

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Gründen mehrere für den Betrieb sehr harte Jahre. Anfangs bestanden Schwierigkeiten, die vorwiegend durch Mangel an geeigneten Arbeitskräften und durch schwierige Materialbeschaffung bedingt waren. Erst konnten sie wirksam und planmäßig in Angriff genommen werden, nachdem eine Koordinierung mit den Planaufgaben festgelegt worden war. Für das Werk war diese Tatsache von großer Bedeutung, weil damit vermieden wurde, dass durch die Ausführung der Sicherungsarbeiten ein plötzlicher Produktionsausfall entstand.

Naturgemäß sind die Ausgaben zur Erfüllung dieser Aufgaben stetig gestiegen. Es ist dabei zu unterscheiden zwischen den Maßnahmen, die aus Betriebskosten zu finanzieren waren und solchen, die aus Investitions- bzw. Generalreparaturmitteln übernommen worden sind.

Für die Ausgaben zur Verbesserung der Grubensicherheit ergibt sich folgende Steigerung:

1951: 1952: 1953: 1954: 1955:
100% 119% 179% 323% 136%

Das Jahr der großen Initiative fand somit auch in unserem Betriebsgeschehen seine Widerspiegelung.

Hervorzuheben ist, dass in diesen Jahren die Versatzwirtschaft als Kernpunkt der Probleme behandelt worden ist. Durch technische und organisatorische Maßnahmen konnte eine bemerkenswert positive Entwicklung gegenüber den Vorjahren erreicht werden, auf die das Werk mit Recht stolz sein kann.

1954 wurde das Doppelte an Versatz eingebracht wie und das Vierfache im Vergleich zum Jahr .

Die Ausgaben für die Wetterwirtschaft sind gegenüber um das rund Achtfache gestiegen und liegen vor allen Dingen in der Beschaffung

eines neuen Großlüfters für Volkenroda begründet. Vom Grubenbetrieb Volkenroda wurden zur Verbesserung der Wetterführung im ersten Fünfjahrplan 6300m Strecken aufgewältigt. Besonders bemerkenswert ist das Ansteigender Investition für den Schlagwetterschutz in den Jahre und . Die Mängel an den Kraftanlagen konnten überwiegend abgestellt werden. Die wesentliche Verbesserung der Grubensicherheit war jedoch mit der restlosen Einführung des elektrischen Fernschreibers am 1.6.1954 erreicht worden. Neben diesen Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit sind wir bestrebt, gewesen, die rein betrieblichen Verhältnisse umfassend zu verbessern. Dazu gehören die Verbesserung der Förderstrecken, die technischen Einrichtung an der Hängebank und die Erweiterung des Füllortes. Zur weiteren Erkundung der Lagerstätte und zum Ansetzen weiterer Grubenbaue wurden umfangreiche geologische Aufschlussarbeiten durchgeführt. Die Streckenauffahrung für die geologische Untersuchung im ersten Fünfjahrplan betrug 6450m. Durch Einrichtung neuer Förderstrecken konnte die Fördertechnik wesentlich verbessert werden.

Durch Neuerrichten und Überholen der gesamten elektrischen Einrichtungen, durch Generalüberholung des Schachtfördergerüstes und Schachtröhre, einschließlich Wiedereinbau der wichtigen Schachtwasserleitung von der 740m-Sohle wurde der Betrieb saniert.

Mit der Verbesserung der technischen Einrichtungen waren außerdem die Vorbedingungen geschaffen, die Wettbewerbe wirksamer zu gestalten. Hervorragende Einstellungen unserer Aktivisten, die Bildung von besonderen Brigaden trugen wesentlich dazu bei, nie erwartete Erfolge zu erzielen.

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Wenn das Kaliwerk zweimal die Wanderfahne des Ministerrates erhielt, so ist das eine Auszeichnung, die umso höher einzuschätzen ist, weil Volkenroda in der gesamten Kaliindustrie unter den schwierigsten Bedingungen arbeiten muss. Unsere

Kumpels und die technische Intelligenz haben damit erneut ihren Willen zum Ausdruck gebracht, trotz aller Schwierigkeiten ihren Beitrag zur Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes zu leisten.

 

Foto, 1955: Unsere Kumpel werden mit der Wanderfahne des Ministerrates ausgezeichnet
: Unsere Kumpel werden mit der Wanderfahne des Ministerrates ausgezeichnet

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Zeichnung Fuchsland
VEB Kaliwerk Volkenroda im Zeichen der Fünfjahrpläne

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https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/veb-kaliwerk-volkenroda-1956-380x500.jpg https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/klubhaus-theater-saal-748x528.jpg https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/klubhaus-zirkel-junger-naturforscher-754x480.jpg https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/betriesambulatorium-_-zahnaerztliche-abteilung-358x502.jpg https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/betriesambulatorium-roentgen-abteilung-362x500.jpg https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/kinder-ferienanlage-in-bad-frankenhausen-750x442.jpg https://file1.hpage.com/007035/37/bilder/entstehen-der-gerechtsamgrenzen-volkenroda-poethen-800x559.jpg